|
ein paraphilosophisches Projekt nicht in der Zeit, aber -- an der Zeit |
Autoren (nach 1945):
Roberto Calasso (1983)Der Untergang von KaschAus dem Italienischen von Joachim Schulte. Frankfurt/M: Suhrkamp-Verlag 1997. 464 S. (orig. La Rovina di Kasch, Milano: Adelphi edizioni, 1983) [Kapitel] »Stirner ist eines der vielen Zeichen, an denen das Ende der Bildung zu merken ist. (312) In diesen Passagen finden sich wichtige Übereinstimmungen mit meiner Sicht, wie ich sie u.a. in »Ein dauerhafter Dissident« dargestellt habe und für die Fälle Marx und Nietzsche detailliert in späteren »Stirner-Studien« darstellen werde. Calassos grundsätzliche Interpretation des »Einzigen« steht jedoch zu meiner im Gegensatz. »Der Einzige stand in der Bibliothek des jungen Dostojewski. »Die Welt von heute stammt, ohne es zu wissen, in höherem Masse von Stirner ("dem kleinen Beamten des Nichts") ab als von Marx, Freud und Nietzsche.« (318) 29.11.1998 | Mitgeteilt von Gottfried Heuer, London |
Roberto Calasso (2001)La letteratura e gli deiMilano: Adelphi edizione, 2001 english edition, translated by Tim Parks: Literature and the Gods London: Vintage, 2001; deutsche Ausgabe, übersetzt von Reimar Klein: Die Literatur und die Götter München: Hanser 2003 Zwanzig Jahre nach »Kasch« kommt Calasso erneut auf Stirner zu sprechen, bezeichnenderweise in einem Kapitel »Meditationen eines Serienmörders« (vgl. hier Beate Kramer) (in der englischen Ausgabe pp. 77-100), in dem Calasso darlegt, dass der düstere Schriftsteller Lautréamont (d.i. Isidore Ducasse, 1846-1870) mit seinen »Gesängen des Maldoror« den "romantischen Satanismus" der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts durch einen unromantischen Satanismus überboten bzw. auf den (Tief-)Punkt ("Nadir") gebracht habe. Damit habe er auf dem Gebiet der Literatur dasselbe vollbracht wie Stirner auf dem Gebiet der Philosophie. pp. 98-99 25.11.2001 | Mitgeteilt von Gottfried Heuer, London |
Thomas Seibert1) Geschichtlichkeit, Nihilismus, AutonomiePhilosophie(n) der Existenz. (Diss. Frankfurt/M 1995) Stuttgart: M&P, Verlag für Wissenschaft und Forschung [Metzler/Poeschel] 1996. 452 S. Über Stirner: S. 60-80 u. ca. 25 Erw. 2) Existenzphilosophie 3) Die Abenteuer der Autonomie, das Ende des Menschen und die Fragen, die danach noch wichtig sind Thomas Seibert, Jahrgang 1957, der Kierkegaard, Stirner und Nietzsche zu den frühen Existenzphilosophen zählt, zeigt anfangs durchaus Sympathie für Stirner. Ausgerechnet dieser "Unmensch [markiere] die äusserste Gegenposition zu den linken und rechten Kollektivismen, die für die faktische Unmenschlichkeit des zwanzigsten Jahrhunderts verantwortlich zeichnen." (1:78) Beifällig vermerkt Seibert zudem, dass der "stirnersche 'Egoismus'" einen "libertären Kern" habe (1:78) und dass Stirner "sich in einer in der Philosophiegeschichte tatsächlich einzigartigen Weise mit den von den herrschenden Besitzbürgern wie von den hochherzigen Humanisten verworfenen 'niederen Elementen' der Gesellschaft gemein [gemacht habe]." (2:43) Stirner sei "(zweifellos)(noch immer) der eigentliche philosophe maudit". (1:61,63,80; 2:37) In der Einleitung seiner ersten Schrift kündigt Seibert sogar an, er werde aus sachlich-inhaltlichen Gründen von der Chronologie abweichen und Stirner nach Nietzsche behandeln. (1:16) In den gut zwei Dutzend Erwähnungen Stirners ausserhalb des Stirner-Kapitels erscheint dieser denn auch stets als letzter in der Folge "Kierkegaard-Nietzsche-Stirner". Nach alledem scheint es so, als wolle Seibert Stirner rehabilitieren. Bei genauerem Hinsehen erkennt man diesen Schein als Täuschung. Schon die "sachlich-inhaltlichen Gründe", die Seibert dafür geltend machen will (1:73), Stirner das letzte Wort nach Kierkegaard und Nietzsche zu lassen, werden in seiner Dissertation (1:73ff) nirgendwo recht klar. Und tatsächlich lässt er in (2) stillschweigend von dieser Konstruktion ab und stimmt der etablierten und über jeden Zweifel erhabenen Meinung zu, dass Nietzsche -- wie vor ihm Marx -- Stirner überwunden habe. Spürbar erleichtert stellt Seibert fest: "[Nun] kann das Ethos der existenziellen Souveränität nicht mehr umstandslos auf die Überspanntheit eines Aussenseiters reduziert werden, sondern ist -- wie im Untertitel des 'Zarathustra' angezeigt -- als moralische Herausforderung 'an alle und keinen' gerichtet." (2:69) Eine kurzzeitig irritierte geistige Welt scheint wieder in Ordnung. Die "Überspanntheit" eines Aussenseiters, die "unerbittliche Folgerichtigkeit" Stirners, sie war doch nur "hochgradig idiosynkratisch bedingt" und kann "von der Person Stirners nicht abgelöst werden"; (1:79) sie hat schliesslich zu dessen "blasphemischer Selbstermächtigung" (2:35) geführt. Stirner mag kurzzeitig faszinieren, mag Wahrheiten zutage fördern helfen, aber seine "Verneinung" bleibe letztlich "steril".(1:79) Aber auch der allseits, auch z.B. von Theologen etc., geschätzte Nietzsche hat für Seibert bald seine Schuldigkeit getan. In der letzten o.g. Publikation steht: "Stirners Individualanarchismus lässt sich nicht trennscharf von einem gewalttätig entfesselten Bourgeoisegoismus abheben. [Und] Nietzsches politisches Denken kreist trotz seines Antietatismus um erklärtermassen gegenrevolutionäre Herrschaftsphantasien." (3:48) Die Seibert'schen Texte sind insgesamt nicht leicht zu lesen. Aber beim gutwillig gestimmten, die Nöte eines "libertären" Denkers unter dem Liberalismus nachempfindenden Leser stellt sich im Laufe der Zeit trotz des verwirrenden Jargons doch eine ungefähre Vorstellung dessen ein, worauf der Autor hinaus will. Mit Foucault, dem er, jetzt wiederum affirmativ, eine "Stirnersche Wendung" unterstellt, (3:49) wird er jedoch seinem Ziel gewiss nicht näherkommen; denn auch Foucault gehört zu der grossen Schar der weithin akzeptierten Philosophen, die Stirner ("primär" oder/und "sekundär") verdrängt haben (vgl. Laska: Ein dauerhafter Dissident; dort speziell den Fall Althusser). Wie Seibert an einer Stelle zeigt, (1:80, Fn) ahnt er zwar etwas von dieser negativen "unterirdischen Wirkungsmächtigkeit" Stirners, ging ihr aber offenkundig bisher nicht nach. 15.11.1998 4) Existenzialismus In diesem Exemplar des modernen Genres kurzer "Einführungen" wird eine Reihe anscheinend per Zufall ausgewählter Stirner-Zitate mittels Paraphrasen zu einem Text verbunden, dessen Qualität am fett gedruckten Schlusssatz abzulesen ist: Seibert schrieb seither nicht mehr über Stirner. Er ist derzeit Redakteur der Zeitschrift »Fantômas« -- Halbjahresmagazin für linke Debatte und Praxis und Aktivist in der Interventionistischen Linken (IL) und schreibt zur politischen Philosophie zwischen Marxismus, Existenzialismus und Poststrukturalismus, zu Imperialismus/Empire, Proletariat/Multitude und zur Rekonstitution der Linken. |
Heiner HastedtDer Wert des EinzelnenEine Verteidigung des Individualismus. Frankfurt/M: Suhrkamp-Verlag 1998. 247 S. Eine Erwähnung Stirners, und zwar in einer Fussnote auf S. 17: »Wenn ich in den vorangegangenen Passagen den Individualismus durch Autoren wie Adam Smith, John Locke und René Descartes eingeführt habe und nicht beispielsweise mit Blick auf Max Stirner und Bernard de Mandeville, dann hängt dies mit der schon durch den Untertitel angedeuteten Absicht dieses Buches zusammen, den Individualismus letztlich verteidigen zu wollen. Deshalb liegt mir daran, den Individualismus nicht von vornherein begrifflich über sehr einseitige Positionen zu definieren. Wenn diese Arbeit einem historischen Interesse folgte, müsste selbstverständlich dem 'egoistischen' Individualismus ein grösserer Platz eingeräumt werden als dies in der vorliegenden systematisch interessierten Arbeit geschieht. -- Vgl. neuerdings: Richard Herzinger: Die Tyrannei des Gemeinsinns. Ein Bekenntnis zur egoistischen Gesellschaft. Berlin: Rowohlt 1997, der einigen argumentativen Effekt dadurch erzielt, dass er einen bloss moralisierenden Gemeinsinn zugunsten eines interesseorientierten Egoismus kritisiert: "Dieses Buch ruft dazu auf, sich dem neuen Gemeinschaftswahn und seiner absurden Forderung nach Verzicht, Askese und spirituellen Bussübungen aktiv zu verweigern und sich zu einer oft verleumdeten Produktivkraft zu bekennen: zum Egoismus." (S.14) Im Verlauf des Buches wird jedoch deutlich, dass Herzinger zwar in kritischer Absicht den Egoismus rhetorisch stark macht, aber tatsächlich -- optimistisch und vernunftorientiert -- doch an 'das Gute' im menschlichen Egoismus glaubt.« Allenthalben erkennen Rezensenten, dass es sich bei Herzingers Egoismus um einen "Egoismus mit Herz" handelt, der bei genauerem Hinsehen vom Altruismus nicht zu unterscheiden ist. ««« Zur Startseite Max Stirner Herzinger äussert sich im übrigen im genannten Buch kurz zu Stirner, und zwar wie folgt: |
Ekkehard von BraunmühlWas ist antipädagogische Aufklärung ?Missverständnisse, Missbräuche, Misserfolge der radikalen Erziehungskritik Bonn: Kid-Verlag 1997 Ekkehard von Braunmühl hat die sog. "Antipädagogik" 1975 durch sein Buch gleichen Titels populär gemacht. Sie wurde (vgl. Bernd A. Laska: Ein dauerhafter Dissident, S. 113-116) von akademischen Pädagogen wie Jürgen Oelkers, Michael Winkler und Rainer Winkel "unter Rekurs auf Stirner - und unter Verwendung psychopathologischer Kategorien" zurückgewiesen. Jetzt greift von Braunmühl, der sich angesichts des ebenfalls als "Antipädagoge" auftretenden Hubertus von Schoenebeck "für meine Arbeit in einer Notwehrsituation" sieht (112), diesem gegenüber zu den gleichen polemischen Mitteln wie seine einstigen Gegner ihm gegenüber. Braunmühl, der sich durchaus schon einmal als "Staatsfeind" oder "Anarchist" zu erkennen gab, versucht, Stirner wie einen "Schwarzen Peter" weiterzugeben. Braunmühl behauptet, Schoenebeck sei von einer geistigen Krankheit befallen, und schlägt für sie den Namen "Subjektivitis" vor. »Die sprachliche Nähe zu krankhaften Entzündungen ist dabei beabsichtigt. Denn ich fürchte tatsächlich, dass es sich um eine ansteckende, vielleicht sogar unheilbare Denkstörung handelt. Ihr bekanntestes Opfer war m.W. Max Stirner (1806-1856), gelernter Pädagoge wie Dr.v.S., der ihn (ob bewusst oder unbewusst, weiss ich nicht) auf weiten Strecken einfach nacherzählt.« (52) Braunmühl kommt noch mehrmals auf Stirner zu sprechen, als dessen »Wiedergänger« (105) oder gar »saftlosen Wiedergänger« (69) er seinen Gegner und Konkurrenten Schoenebeck bezeichnet. Beide seien, wenngleich sie die Gefühle vieler Menschen ansprechen, als »Opfer der Subjektivitis« philosophisch unfruchtbar. (70) |
Rüdiger SafranskiNietzscheBiographie seines Denkens München: Hanser-Verlag 2000 S. 122-129: Kapitel »Mit Max Stirner und über ihn hinaus« Der Autor übernimmt zunächst aus meinem ZEIT-Artikel über Stirner -- mit Herkunftsangabe und für mich schmeichelhaftem Vertrauen in die dort nicht belegten Ausführungen --, dass namhafte Denker zeitweilig stark von Stirner beeindruckt bzw. beunruhigt waren, ihn aber nicht oder nur an entlegener Stelle erwähnen. Er nennt die Namen Feuerbach, Husserl, Schmitt, Simmel, formuliert etwas vorsichtiger bei Marx und Nietzsche, lässt Habermas weg. Er tritt dann in verschiedene teils detaillierte (zu Nietzsche) teils allgemeinere (Stirner als radikaler "Nominalist" etc.) Erörterungen ein, um schliesslich zu folgendem Ergebnis zu gelangen: »In einer Hinsicht allerdings wird Nietzsche bei Stirner etwas gänzlich Fremdes und sicherlich auch für ihn Abstossendes wahrgenommen haben. Denn Stirner, so sehr er auch das Schöpferische betont, zeigt sich bei der Hartnäckigkeit, mit der er das Eigentum an sich selbst reklamiert, schliesslich doch als Kleinbürger, dem das Eigentum alles bedeutet, auch wenn es nur das Eigentum an sich selbst ist.« [Nov. 2000: vgl. a. Kapitel Rüdiger Safranski in: Bernd A. Laska: Den Bann brechen ! - Max Stirner redivivus. Teil 2: Nietzsche und die Nietzscheforschung.] |
Harry MulischDie Entdeckung des HimmelsRoman. Aus dem Niederländischen von Martina den Hertog-Vogt München: Carl Hanser Verlag 1993 (nl. Orig. 1992), 800 S. Harry Mulisch (geb. 1927) hatte zu Beginn seiner Karriere eine Monographie über Wilhelm Reich verfasst, in der er seine ambivalente, vorwiegend abschätzige Meinung über Reichs Person und Werk zum Ausdruck brachte (vgl. meine Rezension). Zwei Jahrzehnte später, als mittlerweile international berühmter Romancier, schrieb er o.g. Buch, sein opus magnum, in dem er sich u.a. über Max Stirner äussert: zwar beiläufig, aber keineswegs marginal; und, erwartungsgemäss, in gleichermassen abschätziger Weise. Mulisch vermittelt sein Stirner-Bild über die Romanfigur des Wolfgang Delius: 1892 in k.u.k.-Österreich geboren, "hellblaue Augen mit düsterem Hintergrund", "Blick, so kalt wie flüssige Luft", "Germane mit einem Monokel im Auge", Berufsoffizier der berittenen Artillerie im Krieg 1914-18, hochdekoriert, in den 20er Jahren dann "Lehrer an einer Privatschule für höhere Töchter", bald aber wieder obenauf, als "Nazi" -- und ab 1940 im besetzten Holland in hoher Position zuständig für allerlei Schreckliches. Hinzu kommt: Delius hatte 1926 eine 18-jährige Jüdin geheiratet und führte - wen wundert's? - eine "abscheuliche Ehe". Seine Frau verliess ihn 1939 mit dem 6-jährigen Sohn, woraufhin Delius dafür sorgte, dass sie 1942 in ein Lager im Osten deportiert wurde, wo sie umkam. Delius wurde 1946 als Kriegsverbrecher hingerichtet. Dieser Bilderbuch-Nazi nun war, so will es Mulisch -- ein glühender Verehrer Stirners. Seinen Sohn, 1933, exakt neun Monate nach dem Reichstagsbrand geboren, nannte er Max (eine Hauptfigur des Romans). Das Düstere in seinem Blick habe nicht nur von seinen Kriegserfahrungen hergerührt: "Es steckte eine noch tiefere, grundsätzlichere Niedergeschlagenheit in ihm. In seinem Ranzen hatte er Stirners »Der Einzige und sein Eigentum«." Natürlich litt seine Ehe unter dieser Disposition: "Wenn sie abends ausgehen wollte, vertiefte er sich lieber in Max Stirner. Während sie sich mit ihren gleichaltrigen jüdischen Freunden und Freundinnen amüsierte, las er ... über das Individuum als dem Einzigen und über sein Eigentum. Nach Stirner brauchte sich niemand etwas vorschreiben zu lassen, durch wen oder was auch immer: das einzigartige Ego war souverän bis zum Verbrechen." Später, im Kriegsverbrechergefängnis, habe Delius stirnerianisch deliriert: "Es gibt nur mich. Was es nicht gibt, das kann nicht sterben", habe er auf einer Zigarettenschachtel notiert. Er sei, "nach Hitlers Untergang ... in einen wirklichen metaphysischen Solipsismus geraten." In seiner Zelle habe er nur ein Buch gehabt, Stirners »Einzigen« (signiert "Wolfgang Delius - Im Felde 1917"), und dies sei auch alles gewesen, was seinem Sohn Max nach der Hinrichtung seines (von ihm natürlich abgrundtief verachteten) Vaters geblieben ist. Max aber ist glücklicherweise immun gegen das tödliche Gedankengift. Zitate von den Seiten 12-14, 52, 118-120, (282). Nach einem Hinweis von Arne C. Jansen, Haarlem, Niederlande |
upj [Ursula Pia Jauch]VogelfreiKurzrezension von: Richard Reschika: Philosophische Abenteurer. Elf Profile von der Renaissance bis zur Gegenwart. Tübingen: Mohr Siebeck 2001 (UTB 2269) In: Neue Zürcher Zeitung, 3./4.11.2001, S. 36 »Nun sind auf der weiten Tundra der Philosophie weitaus mehr als elf Existenzen mit unkonventionellen Lebensläufen aufzutreiben. Dass Reschika just diese Herren versammelt hat -- ... Julien Offray de La Mettrie, Max Stirner ... -- muss wohl nicht als letztes Wort über das abenteuerliche Denken gelten. Auch hätte ein querliegendes Frauenzimmer dem elffältig-herrlichen Albumblatt nicht geschadet. So schräg wie Max Stirner war Helene von Druskowitz wohl allemal.« [Hervorh. B.A.L.] siehe auch Jauch über La Mettrie siehe auch Jauch über Reich |
Wilhelm SchmidNicht Revolution bringt Freiheit, sondern SelbstmächtigkeitBis heute ein Unruheherd für das marxistische Denken: Max Stirner und sein Buch »Der Einzige und sein Eigentum« In: Neues Deutschland. Sozialistische Tageszeitung, 2./3.8.2003, S. 22 Auch dieser Autor, ein "freier Philosoph", der durch moderne Bücher zur "Lebenskunst" hervortrat, sieht in Stirner -- wie Castorf, nur mit anderer Wertung -- einen Philosophen des liberalistischen Individualismus des Westens. Schon früher (in: Die Zeit, 10.01.2002, S. 47) hatte er, ziemlich kryptisch, geschrieben: Etwas weniger kryptisch heisst es nun: [Hervorh. B.A.L.] |
Peter V. ZimaVon Hobbes zu Stirner: Mensch, Naturzustand und Staat.»Leviathan« und »Der Einzige und sein Eigentum« im Vergleich. In: Der Einzige. Vierteljahresschrift des Max-Stirner-Archivs Leipzig, Nr. 4 (28), 3. November 2004, S. 4-10 Auch dieser Autor, ein Mag. Dr. und O.Univ.Prof. für Komparatistik, sieht in Stirner -- wie z.B. Castorf und Schmid -- einen Philosophen des liberalistischen Individualismus des Westens, aber einen unfreiwilligen, einen, der das selbst gar nicht gemerkt hat. »Schon Marx und Engels haben auf die Umkehrung der realen Verhältnisse bei Stirner hingewiesen. [...] Marx' und Engels' Kritik an Stirner ... lässt jedoch die Frage offen, weshalb Stirner das Verhältnis von Bürgertum und Staat so falsch einschätzte und sein Heil schliesslich in einem idealistischen Anarchismus suchte... [...] Stirner mag ... übersehen haben, dass der bürgerliche Staat längst zum Hüter des bürgerlichen Individualismus und Egoismus geworden war, den er selbst auf die Spitze treibt, um ihn gegen Bürgertum und Staat zu wenden. Er verkannte den bürgerlich-kapitalistischen Charakter seiner eigenen anarchistischen Revolte.« |
Winfried SchröderMoralischer Nihilismus.Typen radikaler Moralkritik von den Sophisten bis Nietzsche. Stuttgart: Frommann-Holzboog, 2002, 283 S. (alle Zitate von den S. 49f und 150) Der angesehene Philosophiehistoriker (Redakteur beim Ritter'schen »Historischen Wörterbuch der Philosophie«) ist zwar der Meinung, dass Stirner allein den Schröders widersprüchliche oder ambivalente Haltung zu Stirner zeigt sich auch in folgendem. Vgl. a. Winfried Schröder über La Mettrie. 08.04.2005 Nachtrag 08.12.2005: Winfried Schröder hat für die Reclam-Ausgabe seines Buches, die soeben erschienen ist, nicht nur, wie er schreibt, "den Anmerkungsapparat gestrafft", sondern, was hier besonders interessiert, auch die Stirner-Passage. Dabei hat er die meisten der oben "aufgespiessten" Stellen getilgt. Nachfolgend wird der gesamte vom Autor gestrichene Text wiedergegeben. Er ist auf S. 56 in der 10. Textzeile einzusetzen, wo es heisst: "Das Buch Der Einzige und sein Eigentum ist [ ... ] eine Kampfansage..." Für [ ... ] stand im Original, S. 49f: ... das wortreiche Bekenntnis eines Schriftstellers, der mehr noch als Nietzsche der Wirkung seiner rhetorischen Suada (82) statt der Überzeugungskraft von Argumenten vertraute, allerdings nicht über dessen stilistische Potenz verfügte. Das dementsprechend qualvoll zu lesende Buch ist aber als Artikulation einer Extremposition -- "l'individualisme [ ... ] à son sommet" (83) -- nicht ohne Interesse. Es ist tatsächlich ... |
Wolfgang EssbachStirner, MaxIn: RGG4. Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft. Vierte, völlig neu bearbeitete Auflage. Band 7: R-S. Tübingen: Mohr Siebeck 2004, Sp. 1739 Hier ist ausnahmsweise kein Zitat "aufzuspiessen", sondern die schlichte Tatsache der Nennung meines Buches »Ein dauerhafter Dissident« (1996) in einer Liste von vier Titeln Sekundärliteratur über Stirner, die Essbach in diesem kurzen Artikel empfiehlt. Zwei dieser Titel sind aber ohnehin nur Belege speziell für die Beziehung von Anarchismus resp. Existentialismus zu Stirner, so dass Essbach als generelle Literatur zu Stirner hier nur zwei Bücher nennt: sein eigenes, »Gegenzüge« (1982), und mein genanntes. |
Hans G[ünter] HelmsStudiogespräch über Stirner aus Anlass von dessen 200. Geburtstag.In: Bayern2Radio, 21:30 bis 22:30 Uhr Helms hat 1966 mit seinem Buch »Die Ideologie der anonymen Gesellschaft« die sog. zweite Stirner-Renaissance eröffnet. (Vgl. dazu Bernd A. Laska: Ein heimlicher Hit -- Editionsgeschichte von Stirners »Einzigem«) Helms sah seine 600 Seiten umfassende Schrift als eine historisch dringend gebotene Aktualisierung von Marx' Kritik an Stirner: "Die ideologische Lage in der Bundesrepublik Deutschland war der Anlass, ihre gefährliche Entwicklung der Motor dieser Arbeit." (S. 1) Er vertritt darin die These, "dass Stirnerianismus und Nationalsozialismus Variationsformen desselben faschistischen Ungeists sind" (S. 5), der in der BRD fortlebt. Stirners »Der Einzige« und Hitlers »Mein Kampf« seien trotz einiger oberflächlicher Widersprüche "vollkommen miteinander zu vereinbaren", auch wenn Hitler den »Einzigen« nicht gekannt haben mag. (S. 5, 481) Helms vertrat jetzt, vierzig Jahre später, in obigem Studiogespräch -- in dem er sich als "Universalhistoriker" vorstellen liess -- nach wie vor diese Ansicht, "aktualisierte" sie aber durch die Behauptung, dass heute George W. Bush als mächtigster Exponent des Stirnerianismus anzusehen sei. |
Ernst JüngerDas Sonderrecht des Nationalismus.(Erstveröffentlichung in: Arminius, 23. Januar 1927) Neudruck in: ders.: Politische Publizistik 1919-1933, hg., kommentiert und mit einem Nachwort von Sven Olaf Berggötz Stuttgart: Klett-Cotta 2001, S. 280-285 Dieses Zitat aus einer bisher nur schwer zugänglichen Quelle wird, obwohl 75 Jahre alt, ausnahmsweise hier "aufgespiesst", weil es als Ergänzung zu meinen Ausführungen über Jüngers Verhältnis zu Stirner in "Katechon" und "Anarch" von einigem Interesse ist. Jünger hat Stirner bis in die 70er Jahre m.W. sonst nirgendwo erwähnt. S. 283: »Indem wir das Notwendige wollen, wollen wir unsere besondere Notwendigkeit, unsere besondere Wahrheit und unsere besondere Sittlichkeit. Dieser Wille regiert alles Lebendige, wir wollen ihn nur schärfer und klarer machen, indem wir ihn ausdrücklich anerkennen. Wir wollen alle Widersprüche von vornherein ausschalten, wir wollen vor uns selber ehrlich sein. [und jetzt fährt Jünger mit einer erstaunlichen Assoziation fort:] Wir wollen damit nicht die Anarchie im Stirnerschen Sinne, sondern eine höchste Ordnung, die Ordnung, die das Schicksal selbst dem Leben vorgeschrieben hat. Wir setzen nicht unsere Notwendigkeit allein, sondern wir setzen sie in Bezug auf andere Notwendigkeiten.« [Hervorh. B.A.L.] |
Übersicht |
Autor/Biblio |
LSR-Intro |
La Mettrie |
Max Stirner |
Wilhelm Reich |
Diverses
...LSR-Verlag...
Copyright 1998-2024 © by Bernd A. Laska
|
| |
|
| |
|