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La Mettrie, Lamettrie -- Ueber das Glueck Bernd A. Laska

Einleitung
zu La Mettrie / Lamettrie
»Über das Glück
oder: Das Höchste Gut«
(»Anti-Seneca«)

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Mit dem Namen La Mettrie wird in der philosophischen Literatur hauptsächlich die These vom »L'homme machine« verbunden. La Mettrie gilt als Begründer des mechani(sti)schen Materialismus des 18. Jahrhunderts, der nach ihm von Holbach und anderen erweitert und systematisiert wurde. Da diese Philosophie aber schon seit Kant, Hegel und Marx so oder so als "aufgehoben" gilt, ist das Interesse an La Mettrie stets gering geblieben.

Die alleinige Mitteilung, dass La Mettrie selbst gar nicht »L'homme machine« als sein Hauptwerk ansah, sondern den hier einzuleitenden »Discours sur le bonheur«, wird deshalb ein neues Interesse an diesem Autor kaum wecken können, vielleicht aber die weitere, dass eben dieses Werk ihm einst zur offenen Feindschaft der etablierten, traditionellen Kräfte die viel erbittertere "klandestine" der oppositionellen, aufklärerischen einbrachte. Ich werde deshalb zunächst (in den Abschnitten I und II) aus bisher nur verstreut vorliegenden Informationen ein Bild rekonstruieren, das zeigt, unter welchen Umständen dieses Werk entstand und wie es von den Zeitgenossen aufgenommen wurde.

La Mettries schon durch jene doppelte Feindschaft augenfällige Sonderstellung in der Philosophie des 18. Jahrhunderts blieb gleichwohl bis vor kurzem wenig beachtet. Erst Kondylis erkannte 1981, dass La Mettries philosophische Position, die er vor allem in seinem Diskurs »Über das Glück« (»Anti-Seneca«) darlegt, Schlüssel für ein neues Verständnis der gesamten Aufklärungsphilosophie bis einschliesslich Kant sein kann. Ich werde diese neueste Rezeption La Mettries in

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Abschnitt III kurz charakterisieren und auf ein von Kondylis ungenutztes philosophisches Potential des »Anti-Seneca« hinweisen, das für die so oft postulierte "Aufklärung über die Aufklärung" von entscheidender Bedeutung ist.

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Julien Offray de La Mettrie (1709 - 1751) schrieb und veröffentlichte den »Anti-Sénèque« 1748 im preussischen Exil. 1747 war er aus Frankreich nach Holland geflohen, weil ihm der weitere Aufenthalt in seiner Heimat infolge seiner atheistischen und seiner ärztekritischen Publikationen zu gefährlich geworden war. Doch auch im traditionell liberalen Holland, wo vor ihm z.B. Descartes und Bayle fast ihr ganzes Philosophenleben im Exil verbracht hatten, war seine Existenz bedroht, nachdem dort Ende 1747 sein »L'homme machine« erschienen war. Auf Vermittlung von Maupertuis, dem Präsidenten der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin, hatte er daraufhin jene Einladung Friedrichs des Grossen bekommen, die ihn, wie sein holländischer Verleger Luzac schrieb, "davor bewahrte, wie ein gewöhnlicher Verbrecher auf dem Schaffott zu enden. "

La Mettrie traf Anfang Februar 1748 auf Schloss Sanssouci ein, wurde Leibarzt, Vorleser und Gesellschafter Friedrichs, Mitglied seiner Tafelrunde und Ordentliches Mitglied der Königlichen Akademie. Der "aufgeklärte

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Monarch" versicherte La Mettrie, unter ihm könne er -- das "Opfer der Pfaffen" -- selbstverständlich schreiben, was er wolle. Doch die Umstände, unter denen La Mettrie noch im Herbst des gleichen Jahres seinen »Anti-Seneca« schrieb und drucken liess, verraten, in welch zwiespältiger Lage er sich bereits nach kurzer Zeit befand und wo bei Friedrich die Grenzen der Toleranz lagen.

Einen Einblick in seine Situation gibt ein Brief, den Maupertuis im Anschluss an die noch zu schildernden Ereignisse an Haller schrieb. "Ich mache mir beständig den Vorwurf", heisst es darin, "dass ich an derjenigen. Schrift schuld bin, die vor seiner Übersetzung des Seneka stehet. Ich kannte seine Wuth zu schreiben, und fürchtete die Folgen derselben. Er hatte mir versprechen müssen, sich blos an Übersetzungen zu begnügen, weil ich ihn dazu für fähiger hielte, und dadurch seine gefährliche Einbildungskraft einzuschränken glaubte."

Vermutlich hatte La Mettrie also einen Entwurf seines geplanten Werkes oder dessen Grundgedanken im Sommer 1748 mit Friedrich, Maupertuis und anderen diskutiert und ist daraufhin, in aller Freundschaft, zu Zusagen genötigt worden, die mit dem aufklärerischen Ethos zwar schwer vereinbar waren, die er jedoch gleichwohl in seiner Situation nicht verweigern konnte. Dennoch fand La Mettrie einen Weg, einen sehr riskanten freilich, dieses Werk, das ihm so sehr am Herzen lag, drucken zu lassen. Als Maupertuis, der nicht als Asylant in Preussen lebte, Anfang Oktober des gleichen Jahres für unbestimmte Zeit nach Frankreich reiste, fertigte La Mettrie innerhalb weniger Tage eine Übersetzung von Senecas »De beata vita« an, der er seinen »Discours ... sur le même

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sujet« als einleitenden Text voranstellte. Das Buch erschien wenige Wochen später, noch im Jahre 1748. Der Drucker des sogleich inkriminierten Werkes gab in einem Brief an die Zensurbehörde zu Protokoll, mit welcher List La Mettrie vorgegangen war:

"Als mir der Herr de la Mettrie als Verfasser besagten Discours seine Manuscripta zum Verlag antruge, antwortete ich ihm, dass ich es zwar verlegen wolte, aber dass es nicht ohne vorher gehender Censur geschehen könte. Weil mir kurtz vorher ein Befehl insinuiret worden war, nach welchem ich nichts ohne Censur drucken lassen solte. Er nahm daher das Manuscript wieder mit sich zurück. Einige Tage darauf kam er wieder mit demselben zu mir, und sagte dass es Ihro Mayt. der König gesehen und auf Höchst Deroselben Befehl gedruckt werden solte, auch der Befehl wegen einer Censur bereits wiederum aufgehoben worden wäre. Welches letztere mir kurtz darauf ebenfals bekant gemacht wurde. Ich wagte es daher nicht in die Versicherung eines Mannes, welcher, als ein Gelehrter in Königlicher Pension stehet, und als ein Mittglied der Königl. Academie der Wissenschafften, sich wohl nicht unterfangen würde, dergleichen ohne Grund vorzugeben, einiges Misstrauen zu setzen; noch weniger unterstund ich mich bey Sr. Mayt. Anfrage zu thun ob das was er gesagt sich so verhalte..."

Die Zensur in Preussen war zu jener Zeit offenbar eine Institution mit nicht ganz klar bestimmtem Tätigkeitsfeld. Nachweisbar ist jedoch, dass sie sich in der Regel nur gegen politische Schriften richtete: La Mettries Seneca-Übersetzung ist die einzige philosophische unter den "scandaleusen Schriften" in den ehemals geheimen Dossiers über "konfiskierte Bücher" dieser

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Jahre. La Mettrie hatte unter diesen Verhältnissen den für ihn einzig möglichen Weg der Publikation seines Werkes beschritten, was auf drastische Weise dadurch bestätigt wurde, "dass der König selbst zehn Exemplare davon ins Feuer geworfen hat" (so Lessing, um sein eigenes Urteil von der "Abscheulichkeit" des Buches zu stützen).

Um aus den wenigen vorhandenen Zeugnissen ein stimmiges Bild La Mettries und seiner Situation am Hofe nach diesem Vorfall rekonstruieren zu können, gilt festzuhalten, dass er als Arzt und Akademiemitglied bis dahin durchaus hohes Ansehen genoss. Insbesondere Friedrich schätzte den originellen Philosophen so sehr, dass er mit ihm fast täglichen persönlichen Umgang pflegte. "Ich freue mich", schrieb er noch am 18. Oktober 1748 an den in Frankreich weilenden Maupertuis, "den La Mettrie für meinen Hof angeworben zu haben. Er hat all den Frohsinn und all den Geist, den man überhaupt nur haben kann. Er ist ein Feind aller Ärzte, aber selbst ein guter Arzt. Er ist Materialist, aber keineswegs materiell."

La Mettrie hatte, wie das erwähnte "Versprechen" vermuten lässt, mit den Ansichten, die er im »Anti-Seneca« vertritt, auch vorher nicht hinter dem Berg gehalten; doch wird man sie ihm, der auch gern als Spötter brillierte, als überspannte Phantastereien, als kuriose Spekulationen, die nicht ernst gemeint sein konnten, nachgesehen haben, freilich nur, solange sie nicht nach aussen drangen. Indem La Mettrie nun aber sogar seine privilegierte Existenz aufs Spiel gesetzt hatte, um die Publikation dieser Ansichten durchzusetzen, demonstrierte er unabweisbar, dass es ihm gerade mit ihnen sehr ernst war.

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La Mettrie hatte vollendete Tatsachen geschaffen. Er hatte dabei, so sah es aus, sich seinem Retter Friedrich gegenüber äusserst undankbar gezeigt: hatte seinen Namen missbraucht und den "Philosophen auf dem Thron", den Beschützer des freien Denkens, in die Rolle des Zensors gedrängt. Doch in Wirklichkeit hatte La Mettrie allenfalls das ihm von Maupertuis abgenötigte Versprechen etwas grosszügig interpretiert, den König aber nur beim Wort genommen: hatte geschrieben, wie ihm ausdrücklich erlaubt worden war, was er für richtig hielt. Der Gebrauch von Friedrichs Namen erschien nur unter der Bedingung als Missbrauch, dass der König nicht zu seinem Worte stand. Wenn Friedrich das Buch im Nachhinein nicht unterdrückt hätte, wäre La Mettries Vorgehen allenfalls als faux pas  gewertet worden. Zu einer Duldung des Buches sah sich Friedrich aber nicht in der Lage.

Die Auflösung dieser prekären Situation erfolgte freilich zu Lasten La Mettries. Ein neues Exil hatte er nicht in Aussicht, und seine Bemühungen, für den Fall der Rückkehr nach Frankreich Straffreiheit garantiert zu bekommen, waren vergeblich. Es blieb ihm, in vermutlich stillschweigender Übereinkunft mit Friedrich, nur die Rolle des Hofnarren von Sanssouci -- als der er Gegenstand einiger Anekdoten wurde. Nachdem er schon vorher durch Spöttereien, satirische Provokationen und unkonventionelles Benehmen bei Hofe aufgefallen war, gelang ihm der Wechsel in diese Rolle ohne Aufsehen.

La Mettrie blieb Friedrichs gerngesehener Gesellschafter; aber der Ton, in dem der König nun mit ihm verkehrte, lässt die neue Situation deutlich spüren (vgl. z.B. Nicolais Anekdotensammlung, LXXXI). Für

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Friedrich war der Glaube an La Mettries partielle Unzurechnungsfähigkeit aus zumindest zwei Gründen von Bedeutung: zur schnellen Erledigung von dessen Ideen und, in engem Zusammenhang damit, zur Rechtfertigung dieses Sonderfalls der Unterdrückung eines philosophischen Werkes. Letztere gestaltete er sogar zu einer scheinbar wohlgemeinten Schutzmassnahme für La Mettrie: Nach dem Verbot des »Anti-Seneca« drängte er La Mettrie, seine gesammelten philosophischen Werke herauszugeben, in die er jedoch dieses Werk (sein Hauptwerk) nicht aufnehmen durfte. Friedrich mag damit aus seiner Sicht durchaus auch bezweckt haben, dass sein "närrischer" Schützling, über dessen menschliche Qualitäten er sich stets positiv äusserte, als seriöser Philosoph, der am Hofe eines Philosophenkönigs wirkte, in die Geschichte eingehe.

Obwohl La Mettrie seinen offiziellen Status am Hof in Potsdam nicht einbüsste, war ihm bewusst, auf welch dünnem Eis er sich ab jetzt bewegte. Aus Äusserungen in Schriften, deren Publikation er über Mittelsmänner lanciert zu haben scheint, geht hervor, dass er sich buchstäblich an Leib und Leben bedroht fühlte. So erwägt er in der zweiten Auflage des »Anti-Seneca« (1750) die Zwiespältigkeit der Reaktion des Publikums auf aussergewöhnliche Menschen und befürchtet, dass "eines Tages der Schierlingsbecher der Lohn meines philosophischen Mutes sein würde." In der kleinen satirischen Schrift »Die zu Boden gestürzte Maschine« (1750) gibt er in verschlüsselter Form "glaubwürdige Nachricht von dem Leben und sonderbaren Ende des berühmten Arztes de la Mettrie". Und in seiner letzten Schrift »Le petit homme à longue queue« (1751), die übrigens, wie die beiden vorgenannten, lange verschollen war und heute

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ausserordentlich rar ist, schreibt er: "Ich rechne damit, jeden Augenblick der Wut der Frommen zum Opfer zu fallen." Ungefähr drei Wochen später, am 11. November 1751, war La Mettrie tot. Welchen Personenkreis er mit den "Frommen" gemeint hatte, sagt er, der übrigens einzige Atheist der aufgeklärten Hofgesellschaft, im ersten Satz des Vorworts zur dritten Auflage des »Anti-Seneca« (1751) etwas genauer: die, die dieses Buch so sehr in Wut gebracht habe wie kein anderes je zuvor.

"Am meisten hat Lamettrie seiner Sache durch seinen Tod geschadet. [...] Er soll in prahlerischer Schaustellung seiner Genussfähigkeit und wohl auch im Trotz auf seine Gesundheit eine ganze Trüffelpastete verzehrt haben, worauf er sofort unwohl wurde und ... an einem hitzigen Fieber unter heftigem Delirium starb." Ein leichter Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Quellen, auf die sich seine Darstellung stützt, klingt schon hier bei Friedrich A. Lange (1866) an, der sich sehr um eine Rehabilitation La Mettries bemühte. Obwohl es bis heute keine neuen Informationen gibt, die unmittelbar den Tod La Mettries betreffen, lässt die hier gegebene Darstellung der Situation seiner letzten Lebensjahre doch stärkere Zweifel an dieser immer wieder kolportierten Geschichte zu.

Friedrich schrieb eine »Eloge« auf das verstorbene Akademiemitglied, die er am 19. Februar 1752 in einer Sitzung der Akademie verlesen liess. Sie enthält einen Abriss seines Lebens und schliesst mit den Worten: "Die Natur hatte La Mettrie einen Schatz unerschöpflicher natürlicher Heiterkeit verliehen. Sein Geist war lebhaft und seine Einbildungskraft so fruchtbar, dass sie auf dem dürren Boden der Medizin Blumen wachsen liess. Er war zum Redner und Philosophen geboren, aber eine

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noch kostbarere Gabe war seine reine Seele und sein zuvorkommendes Wesen. Wer sich von den Schmähungen der Theologen nicht beeindrucken lässt, betrauert in La Mettrie einen ehrbaren Menschen und fähigen Arzt." Auf La Mettries nichtmedizinische Aktivitäten an seinem Hof ging Friedrich nur in einem Satz ein: "Er entwarf verschiedene Werke über abstrakte philosophische Themen, die er noch näher prüfen wollte; doch eine Reihe unglücklicher Umstände bewirkte, dass ihm diese Schriften gestohlen wurden, und als sie dann im Druck erschienen, verlangte er sofort ihre Unterdrückung. "

Dieses einzige "positive" Zeugnis über La Mettrie wurde oft mit Verwunderung zur Kenntnis genommen, weil die meisten anderen in Aussage und Diktion eher mit denen Voltaires übereinstimmten, der seit Juli 1750 auf Sanssouci lebte. Voltaire hat durch seine umfangreiche Korrespondenz massgeblich das überlieferte Bild La Mettries geprägt, das bis heute kaum revidiert wurde: ein fou,  der oft betrunken war, wenn er schrieb. Der moralische Theist hatte offenbar nicht nur die üblichen "edlen" Gründe, den antimoralischen Atheisten zu diffamieren. Voltaire, der zeitlebens kränkelte begrüsste den Tod La Mettries, "dieser strotzenden Gesundheit", in einem Brief mit unverhohlener Genugtuung. Und daran, dass La Mettrie, "aufgedunsen und dick wie ein Fass", gegen seinen ausdrücklichen Willen, "ob er wollte oder nicht, an der katholischen Kirche beerdigt wurde", delektierte sich der Kirchenfeind, der als Greis den Beichtstuhl aufsuchte, weil er sich um das Schicksal seiner Leiche sorgte.

Von La Mettrie blieb ausser seinen zu Lebzeiten gedruckten Werken fast nichts erhalten: keine Manu-

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skripte. keine Tagebücher, keine Notizen, nur wenige Briefe; seine "très considerable" Bibliothek wurde gleich nach seinem Tode aufgelöst.

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Weil die relativ lockeren Zensurbestimmungen in Preussen für einen solchen Fall nicht ausgelegt waren, gelangte La Mettries Seneca-Übersetzung incl. "Einleitung" für einige Monate ungehindert in den Handel. La Mettries Kunstgriff entging dem Publikum freilich nicht: "Die Vorrede", heisst es in einer Rezension, "ist ungleich weitläuftiger gerathen, als die Abhandlung des Seneca selbst; es wird aber eine so merckliche Ungleichheit demjenigen gar nicht mehr fremde und ausserordentlich erscheinen, der sich Mühe giebt, gedachte Vorrede mit aufgeklärtem Verstande durchzulesen: Denn, die wahre Absicht des Verfassers derselben entdeckt sich sofort auf den ersten Blättern gantz deutlich. Er glaubte, dass ihm seine neue Uebersetzung ... Gelegenheit verschaffen würde, die Grundsätze, worauf vernünftige Christen ihre richtige und daurende Glückseligkeit bauen, zu unterwühlen, und umzuwerffen."

Da man die Beratungen über die Ausdehnung der Zensur auf Schriften wissenschaftlichen Inhalts nicht abschliessen wollte, bevor der einflussreiche Präsident der Königlichen Akademie der Wissenschaften, Maupertuis, von seiner Frankreichreise zurückgekehrt war (Ende April 1749), konnte einige Monate lang eine Schrift frei verkauft werden, die mit den Worten von Preussens Ministre chef de justice, Cocceji, "gar zu scandaleuse" war. Danach handelte man schnell: am 11. Mai

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erliess der König das »Edict wegen der wieder hergestellten Censur ...«. Eine zweite und dritte Auflage des (separierten) »Anti-Seneca« sowie eine deutsche Übersetzung, die ausserhalb Preussens gedruckt worden waren, fanden kaum noch Verbreitung.

Die Zensoren der aufgeklärten Monarchie begründeten ihr Vorgehen gegen dieses Buch selbstverständlich damit, dass es, so Cocceji, "von solcher gefährlichen Consequentz vor die Unterthanen" sei. "Gefährlichkeit" wird (neben "Abscheulichkeit") auch in den verstreuten, meist brieflichen Äusserungen von Maupertuis, Voltaire u.a. als häufigstes Charakteristikum des »Anti-Seneca« genannt, doch hier bezeichnenderweise stets ohne Angabe, für wen durch ihn eine Gefahr entstünde.

Dass und warum gerade die "aufgeklärten" Untertanen sich selbst als gefährdet, d.h. in ihren Anschauungen verunsichert, gesehen haben mochten, konnte freilich nur ein klerikaler Autor offen aussprechen. Stühner, der 1752 dem »Anti-Seneca« eine relativ ausführliche Widerlegung widmete (und damit bis heute allein blieb), trifft an einer Stelle, wohl eher intuitiv, den Kern der Sache: "Wo hat jemals ein Philosoph in der alten und neuen Welt, ich will nicht sagen, ein Christ, so gedacht! Und wo ist der Freigeist, der dergleichen Sätze nicht verabscheuen sollte? Denn die Freigeister, wenn sie schon die Glaubenslehren verwerfen, so tasten sie doch die Sittenlehren nicht an. Dieser aber thut beydes!"

Tatsächlich hatte La Mettrie eine ähnliche philosophische Position bezogen wie ein Jahrhundert später, in einem völlig veränderten Kontext freilich, Stirner, der sein Urteil über den Atheisten und Materialisten Feuerbach sowie über andere zeitgenössische Religions- und

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Gesellschaftskritiker in dem lapidaren Satz zusammenfasste: "Unsere Atheisten sind fromme Leute." La Mettrie hatte, wie Stühner richtig sah, den stillschweigenden Grundkonsens ignoriert, der Klerikale und Antiklerikale als "Sittliche" miteinander verband. Seinen Atheismus bzw. Materialismus vermochten die Aufklärer noch zu tolerieren (später vertraten ihn einige selber), nicht aber seine "Lehre von den Schuldgefühlen"; doch sie allein war ihm wirklich wichtig.

Ich kann diese Lehre hier weder resümieren noch erörtern, sondern nur konstatieren, dass La Mettrie wegen ihr in der gesamten aufklärerischen Literatur in toto  übergangen wurde, also auch als materialistischer und atheistischer Vordenker. Dennoch wurde er, wie mehrere Neuauflagen seiner »Œuvres« bezeugen, bis zum Jahrhundertende gelesen. La Mettrie war die klassische Unperson der Philosophie des 18. Jahrhunderts: man kannte ihn und wusste Bescheid; eine ernsthafte Stellungnahme, ob pro oder contra, verbot sich von selbst.

Nur im polemischen Sinne ernst gemeint war es, wenn von klerikaler Seite immer wieder aus Werken La Mettries als einem der Aufklärer zitiert wurde. Der Beharrlichkeit der Feinde der Aufklärung verdanken wir schliesslich die einzige öffentliche Stellungnahme eines führenden Aufklärers: nach dreissigjährigem Schweigen zu La Mettrie schrieb Diderot in seinem Seneca-Essay (II.VI) zwei Seiten über ihn; sie enden mit den Sätzen: "La Mettrie, sittenlos und schamlos, ein Narr und ein Schmeichler, war wie geschaffen für das Hofleben und die Gunst der Grossen. Er ist so gestorben, wie er sterben musste: als Opfer seiner Masslosigkeit und seiner Verrücktheit. Aus Unfähigkeit in der Kunst seines Berufes tötete er sich selbst. ([Fussn.:] Dieses Urteil ist

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streng, aber gerecht, und es war schwer, dem Verteidiger des Lasters und dem Lästerer der Tugend gegenüber Mass zu halten.) Ich erkenne den Titel eines Philosophen nur demjenigen zu, der sich stets bemüht, die Wahrheit zu suchen und die Tugend zu üben. Wenn ich einen in seinen Sitten und Anschauungen so verdorbenen Menschen aus der Gemeinde der Philosophen ausschliesse: darf ich dann wirklich hoffen, dass die Feinde der Philosophie endlich schweigen werden? Nein!" Diese Befürchtung Diderots erwies sich als übertrieben. Die bürgerliche Revolution und der Generationswechsel bei den Aufklärern und ihren Kontrahenten waren wohl die Hauptfaktoren, die aus der Unperson La Mettrie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts einen Unbekannten machten.

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Die erste Wiederentdeckung La Mettries erfolgte fast gleichzeitig in Frankreich, wo Assézat 1865 »L'homme machine« neu herausgab, und in Deutschland, wo Lange 1866 in seiner einflussreichen »Geschichte des Materialismus« La Mettrie zu rehabilitieren versuchte, indem er detailliert darlegt, dass "in fast allen Fällen, wo wir eine auffallende Ähnlichkeit der Gedanken bei Lamettrie und einem berühmteren Zeitgenossen finden, der erstere die unbestrittene Priorität für sich hätte." (Er nennt die Namen Buffon, Maupertuis, Diderot, Condillac, Helvetius, Holbach, Volney.) Dass La Mettrie selbst auf diese Prioritäten weniger grossen Wert gelegt hatte als auf die eine seiner "Lehre von den Schuldgefühlen", ignorierte Lange ebenso wie fast alle

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Autoren, die sich seither mit dem vielgeschmähten Denker befassten. Einige Autoren, vor allem Falvey, erkannten zwar die zentrale Stellung dieser Lehre im Werke La Mettries, nicht aber ihre philosophische Relevanz.

Die zweite Wiederentdeckung La Mettries, die das fragwürdige Wohlwollen der ersten (gerade sein Hauptwerk mehr zu entschuldigen als zu würdigen) nicht teilte, fand erst vor wenigen Jahren statt. Den Anstoss zu ihr gab Crocker mit seinen beiden Studien über die französische Aufklärung (1959, 1963). Doch erst Kondylis (1981) ist als eigentlicher Wiederentdecker La Mettries (als Autor des »Anti-Seneca«) anzusehen. Er anerkennt zwar Crockers "grosses Verdienst, den Nihilismus als organischen Bestandteil bzw. als logische Möglichkeit der Aufklärung erfasst zu haben", ersetzt aber dessen "triviales Verständnis" von Nihilismus als "anarchische Zerstörungslust" durch das von Nihilismus als "These von der Relativität und Fiktivität aller Werte". Bei Kondylis avanciert La Mettrie deshalb vom affirmativen Theoretiker des Bösen, der er bei Crocker ist, zum konsequentesten Denker der Aufklärung, vom (negativen) Normativisten zum Nihilisten.

Obwohl Kondylis Nihilismus als den Schlüsselbegriff seiner Analyse somit wesentlich anders definiert als Crocker, stimmt er mit diesem doch darin überein, dass La Mettrie wesentlich die gleiche philosophische Position vertritt wie ein anderer Autor, der auch sonst in der neueren Literatur gelegentlich mit La Mettrie in Verbindung gebracht wird, nämlich Sade. Kondylis behandelt deshalb beide gemeinsam unter dem Titel »Die Konsequenten« in einem Kapitel seines Buches. Da hier eine Kritik dieser Kopplung La Mettrie/Sade nicht mög-

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lich ist, möchte ich die bisherige philosophische Würdigung Sades kurz charakterisieren, um so auf einem heuristisch effektiveren Weg meine These zu begründen, dass nicht die Betonung der Gemeinsamkeiten zwischen La Mettrie und Sade, sondern die Freilegung ihrer Gegensätze zu der eingangs genannten "Aufklärung über die Aufklärung" zu führen vermag.

Die Entdeckung, dass Sade auch als Philosoph gesehen werden kann, ist relativ jungen Datums. Sieht man von surrealistischen, existentialistischen und verwandten Arbeiten über den "göttlichen Marquis" ab, so bleiben drei repräsentative Studien, die Sades ungewisses Selbstverständnis, "die Auflklärung irgendwie weitergebracht zu haben", zu einer überraschend bündigen Gewissheit transformiert haben. Ich werde sie kurz in chronologischer Folge vorstellen.

Die erste dieser Sade-Bearbeitungen stammt aus der sog. Frankfurter Schule. Als 1934 das Sade-Buch von Gorer erschien, wurde es in der »Zeitschrift für Sozialforschung« fast begeistert besprochen. Sades "zum Teil sehr fruchtbare Gedanken" blieben jedoch zunächst ohne erkennbaren Einfluss auf die "Kritische Theorie", die diese Schule in den 30er Jahren formulierte. Erst ein Jahrzehnt später dienten Sades Gedanken den führenden kritischen Theoretikern als Sukkurs in theoretischer Bedrängnis. Als nämlich Horkheimer sah, dass sein Versuch, die normativistische Aufklärung nach Marx, Nietzsche, Freud und (Max) Weber theoretisch neu zu begründen, gescheitert war, erblickte er (mit Adorno) in Sades Werk einen "einzig" dastehenden Beitrag zur Aufklärung: den "Hebel zu ihrer Rettung". Seine berühmt gewordene, mit Sade als Gewährsmann postulierte »Dialektik der Aufklärung« (1947) war

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jedoch keine Rettung (im Sinne einer Aufklärung über bisherige Aufklärung), sondern eine Denunziation von Aufklärung (im Stil enttäuschter Konvertiten).

Die zweite Studie, die den Kern aufklärerischen Denkens mit Sades Hilfe freizulegen versucht, lieferte der katholische Philosoph Arno Baruzzi (1968). Er stellt alle Materialisten der französischen Aufklärung in eine Reihe: "Es soll durch die Linienziehung ... ein neuer Mündungspunkt gesetzt werden, nach dessen Ortung auf neuer Ebene ein Vergleich dieses Materialismus mit dem marxistischen erfolgen könnte." La Mettrie erscheint bei Baruzzi am Anfang, Sade am Ende dieser Linie. Sade allein sei wirklich konsequenter Materialist und denke "die Idee der atheistischen Gesellschaft zu einem von seinen materialistischen Vorläufern ungeahnten Ende." Sieht man Freiheit vom Gottesglauben als ein Minimalkriterium aufklärerischen Denkens, so ist Baruzzis -- freilich nicht sehr überraschendes -- Fazit erst recht ein Verdikt über eine weitergehende Aufklärung: "Die Frage ... ob eine atheistische Gesellschaft glücklich sein könne, findet bei Sade eine letzte Antwort. "

Die dritte hier zu nennende Arbeit ist die schon erwähnte von Kondylis (1981). Hier erscheint Sade als konsequenter (Vor-)Denker eben jenes Nihilismus (im oben definierten Sinn), der dem Autor selbst als Schlüssel zum Verständnis der Aufklärung dient. Kondylis analysiert die Aufklärung bis Kant und erkennt sie als blosse Spielart des altbekannten Normativismus. Daraus und aus dem Schicksal des aufklärerischen Denkens nach Kant schliesst er auf die "Unvermeidbarkeit der sozialen Vorherrschaft des Normativismus (unter welchem Vorzeichen auch immer)". Nihilisten, also end-

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gültig "aufgeklärte" Individuen, gäbe es zwar (vereinzelt), doch könnten diese (auch wenn es viele gäbe) niemals eine Gesellschaft (auch keine qualitativ neue) bilden.

Die drei genannten Autoren sind zeitgenössische Repräsentanten der drei Hauptströmungen der (Moral-)Philosophie: Baruzzi vertritt die älteste, die ich kurz als "theologische" bezeichnen möchte, Horkheimer die ältere (normativistische) aufklärerische, Kondylis die neuere (wertfreie) aufklärerische. Sie sind sich als Aufklärungsforscher in ihrem Urteil über bisherige Erscheinungsformen von Aufklärung und über "Aufklärung an sich" zumindest prinzipiell überraschend einig. Der Absage, die die Theologen der Aufklärung schon immer erteilten, haben sich die avanciertesten Vertreter aufklärerischen Denkens so oder so angeschlossen. Auffälliges Symbol dieser auf den ersten Blick seltsam anmutenden "Dreieinigkeit" ist die Figur des Marquis de Sade. Die Anthropologie dieses einst von Flaubert äusserst hellsichtig als "ultrakatholisch" bezeichneten Schriftstellers ist nicht nur bei Baruzzi, sondern auch bei Horkheimer und Kondylis die entscheidende Determinante ihrer Theoriebildung.

Sades kolossales Werk wurde von jedem der drei Autoren mit beachtlicher Geduld und Akribie ausgewertet. Seine Philosophie wurde aus verstreuten Gedanken und den Äusserungen von Romanfiguren mit grossem Aufwand rekonstruiert. Im Ergebnis stimmen sie prinzipiell überein. La Mettries Werk hingegen, das nicht nur im Vergleich eher konzis zu nennen ist, wurde von den drei Autoren sehr unterschiedlich gesehen.

Horkheimer ignoriert La Mettrie und exponiert Sade, und dies, obwohl Sade in der erwähnten Besprechung

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als "Anhänger La Mettries" bezeichnet wurde, und obwohl La Mettrie, im Gegensatz zu Sade, traditionell der Philosophiegeschichte zugerechnet wird. Vermutlich leitete ihn dabei die gleiche Intuition, die seinen aufklärerischen Ahnherren im 18. Jahrhundert Schweigen gebot, und die ihn, wenn er die "dunklen Schriftsteller" des 19. Jahrhunderts vor sich hatte, zu Nietzsche hinzog und um Stirner stets einen grossen Bogen machen liess.

Baruzzi behandelt La Mettrie zwar ausführlich. Seine Interpretation steht aber unter der Prämisse, dass Atheismus, Materialismus und Immoralismus, die La Mettrie und Sade gemein seien, zwangsläufig eine gemeinsame Anthropologie zum Grunde (oder zur Folge) haben, die jedoch bei La Mettrie als dem früheren Autor erst rudimentär vorliege. Das gesamte Kapitel, das Baruzzi La Mettrie widmet, ist jedoch von einer Gereiztheit über sein Objekt durchzogen, die im Sade-Kapitel nicht zu bemerken ist und daher zu kommen scheint, dass der Autor die Gewaltsamkeit seiner Interpretation spürt, ohne von seiner Prämisse ablassen zu können. Jedenfalls gelingt es ihm nicht, überzeugend zu belegen, was er abschliessend noch einmal beschwört: das "skandalöse Glück" La Mettries treibe bei Sade "seine schwarzen Blüten hervor".

Kondylis habe ich oben als eigentlichen Wiederentdecker des "moralphilosophischen" La Mettrie bezeichnet, weil erst er, anders als Crocker, mit einem brauchbaren Nihilismusbegriff operiert, und weil deshalb erst er, anders als Baruzzi, La Mettrie (ranggleich neben Sade) in eine Schlüsselposition zum Verständnis der Aufklärung rückt. Gleichwohl verhehlt Kondylis nicht, bei welchem seiner beiden "konsequenten Nihilisten"

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seine grösseren Sympathien liegen: "In dieser Hinsicht [logische Struktur] ist allerdings La Mettrie als nihilistischer Denker überlegen bzw. konsequenter. Dafür bleiben aber Sades Emphasis und Kühnheit einzigartig."

Wenn nun Kondylis Sades normativistische Tendenzen bagatellisiert und logische Inkonsequenzen entschuldigt; wenn er aus einem Text Sades sehr frei ein Bekenntnis zu La Mettrie herausliest; wenn er La Mettrie eher "sadisch" interpretiert, um beide gemeinsam in einem Kapitel zu konsequenten Nihilisten zu stilisieren (worauf er für seine Analyse keineswegs angewiesen wäre); so interessiert dies hier nur, weil es den Blick trüben könnte für jenes vorn erwähnte Potential im Werke La Mettries, vor allem im »Anti-Seneca«, das ich in meinem La-Mettrie-Essay als "post- bzw. transnihilistische Tendenz" umschrieben habe. Kondylis übersieht in seiner Analyse, dass La Mettrie und Sade, trotz einiger "Ismen", die sie formal verbinden mögen, anthropologische Auffassungen vertreten, die inhaltlich in ihren wesentlichen Bestandteilen konträr sind. Dieser Gegensatz könnte sich als ausschlaggebend für eine Kritik des Normativismus erweisen, die die Empirie Kondylis' nicht ignoriert und dennoch nicht in praktischem "Als-Ob"-Normativismus endet.

[Anm. 1998: Vgl. hierzu »Panajotis Kondylis als unfreiwilliger Pate des LSR-Projekts«]

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Ich habe diese Einleitung so knapp wie möglich gehalten und mich deshalb auf die skizzenhafte Darstellung jener beiden Etappen der Rezeptionsgeschichte von La Mettries »Anti-Seneca« beschränkt, in denen allein die singuläre Qualität dieses Werkes empfunden oder

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erkannt worden zu sein scheint: die erste, die Reaktion der Zeitgenossen La Mettries bis zur Französischen Revolution, und die bislang letzte, die Interpretation La Mettries durch Kondylis. Aus dem gleichen Grunde habe ich auf die Präsentation der dokumentarischen und argumentativen Begründung meiner Thesen weitgehend verzichtet, jede inhaltliche Bezugnahme auf La Mettries Text vermieden und meine Ausführungen zu dessen potentiellem philosophischen Rang in einer eher deiktisch zu nennenden Diktion gehalten.

Zwei Empfehlungen sind es somit auch, die ich dem Leser des »Anti-Seneca« geben möchte:

1. Er möge stets die Frage im Auge behalten, aus welchem Grunde die Aufklärer der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts La Mettrie so ernst nahmen, dass sie ihn zum Narren machten, um ihn nicht ernst nehmen zu müssen.

2. Er möge sich mit Kondylis auseinandersetzen: in einem ersten Schritt, anhand des folgendes Textes, indem er prüft, ob die von Kondylis vorgenommene Fusion von La Mettrie und Sade zureichend begründet ist; und (wenn er dies verneint) in einem zweiten Schritt, indem er bedenkt, ob Kondylis' fundamentale Schlussfolgerung von der "Unvermeidbarkeit der sozialen Vorherrschaft des Normativismus" auch dann noch zwingend bleibt, wenn bei einer Kritik des Normativismus statt Sade La Mettrie die Schlüsselrolle zugewiesen bekäme; kurz: ob das letzte Wort zum Thema "Aufklärung" (das bisher Kondylis sprach) im Endeffekt auf dasselbe hinausläuft, was zynische Theologen schon immer wussten.

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Literaturauswahl:

Arno Baruzzi: Einleitung, Kap. »LaMettrie«, »Sade«, in: ders. [Hg.]: Aufklärung und Materialismus im Frankreich des 18. Jahrhunderts. München 1968

Lester G. Crocker: An Age of Crisis. Baltimore MD, USA. 1959.

Lester G. Crocker: Nature and Culture. Baltimore MD, USA. 1963.

Max Horkheimer/Theodor W. Adorno: Dialektik der Aufklärung. Amsterdam 1947.

Panajotis Kondylis: Die Aufklärung im Rahmen des neuzeitlichen Rationalismus. Stuttgart 1981.

Panajotis Kondylis: Macht und Entscheidung. Die Herausbildung der Weltbilder und die Wertfragc. Stuttgart 1984.

Friedrich A. Lange: Geschichte des Materialismus (1866). Frankfurt 1974 (Suhrkamp stw 70, 2 Bände).

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