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Der folgende Artikel erscheint gleichzeitig in:
Der Einzige. Vierteljahresschrift des Max-Stirner-Archivs Leipzig, Nr. 2 (18), 3. Mai 2002, S. 29-38

 
Der sexuelle "Verein"
Prototyp des Stirner'schen "Vereins"

Eine Skizze von Bernd A. Laska


Die meisten Autoren, die über Stirner schrieben, behandelten ihn wie einen "Stoff", einen besonderen zwar bisweilen, aber doch einen, den sie - von der Warte des Nachgeborenen, aus der glücklichen Position des "auf den Schultern von Riesen" Stehenden - prinzipiell zu beherrschen meinten. Nicht selten wollten sie ihr eigenes Interesse an dem alten und marginalen Autor - das oft spürbar intensiv ist, aber inhaltlich unklar bleibt - auf den Leser übertragen und behaupteten deshalb seine "Aktualität"; doch wussten sie selten anzugeben, worin diese eigentlich bestehen sollte. So liest man immer wieder in wohlwollenden Abhandlungen, Stirner sei als Vorläufer dieses oder jenes - meist anerkannt grossen - Denkers zu wenig gewürdigt worden: er habe zentrale Gedanken etwa von Nietzsche, von Freud, von Wittgenstein oder gar von Heidegger vorweggenommen; oder er habe viele anarchistische, dadaistische, existentialistische oder sog. postmoderne Autoren stark beeinflusst; und dies sei bisher zu wenig anerkannt worden. Mit der Erfüllung der Forderung, das Unrecht, das Stirner damit angetan worden sei, wieder gut zu machen, ihn als wichtige Vorläuferfigur anzuerkennen, wäre Stirner aber nur rehabilitiert, historisiert, keinesfalls aktualisiert.

Eine wirkliche Aktualisierung Stirners müsste die Vermutung substantiieren, dass Stirner uns heute noch etwas zu sagen hat -- und zwar etwas, das die Denker, die nach ihm kamen, uns nicht gesagt haben, ob sie nun Stirner kannten oder nicht. Die Vermutung selbst wird in erster Linie durch die kritische Prüfung des Entwicklungsgangs jener Denker geweckt, die Stirners Ideen kannten und von ihnen stark beeindruckt waren, sie aber weder in ihre Philosophie integrierten noch argumentativ zurückwiesen, sondern sie stattdessen durch zeitgeistkonforme, trendgerechte, populäre Gedanken verdrängten - im psychologischen und im ideenhistorischen Sinn. Ich meine hier in erster Linie Marx und Nietzsche und den breiten Tross all derer, die so oder so auf deren Denken aufbauten, aber auch eine Schar von ihnen weniger abhängiger, prominenter Denker. (1)

Einer der wenigen heutigen Autoren, die diese Qualität des Verhältnisses jener epochenprägenden Denker zu Stirner angesprochen haben, ist Roberto Calasso: "Besonders fühlbar wird Stirners Präsenz daher bei Autoren, die sich über ihn ausschweigen oder ihn in nie veröffentlichten Texten besprechen, bei Nietzsche und Marx. Viele ihrer Worte können nur dann begriffen werden, wenn man sie als ungeduldiges, mitunter fieberhaftes Flüstern liest, das sich an das sie verfolgende Gespenst Stirner richtet. Im direkten Austausch haben Marx und Nietzsche einander nie viel zu sagen gehabt, doch sie verständigen sich wie zwei Personen, denen, obwohl sie einander nicht kennen, ein Traum (oder ein Grauen) gemeinsam ist. Daher sind sie genötigt, wenigstens im verbissenen, komplizenhaften, empörten, finsteren und zirkulären Ringen mit ihrem Gespenst zusammenzukommen. Dieser Kampf fesselt sie aneinander wie Häftlinge im selben Kerker. Bei Stirner finden diese beiden klardenkenden und provozierenden Erstbefürworter der 'experimentellen Philosophie' einen geheimen Teil ihres eigenen Denkens wieder, allerdings jenen, den sie in seinen Konsequenzen nicht anerkennen wollen. Durch ihre ganze Lebensgeschichte lassen sich die Phasen der geduldigen Verheimlichungsarbeit verfolgen, mit der sie diese Verwandtschaft zu verschweigen und sich der dunklen Stummheit dessen zu entziehen suchen, der ihnen beim berauschenden Verrat des Denkens zuvorgekommen ist." (2)

Der Nietzsche-Preisträger Calasso ist, wie seine weiteren Ausführungen bekräftigen, im Grundsätzlichen einer Meinung mit dem Marxisten Hans G. Helms, der in den 1960er Jahren den abermals - wie in der zweiten Hälfte des 19. Jh. - "vergessenen" Stirner mit grossem Nachdruck wieder ins Gespräch brachte. Für Calasso ist Stirner derjenige, der "auf dem Gipfel der Kultur" die Epoche der "künstlichen Barbarei" eröffnete; für Helms ist er der Begründer der Ideologie des "Faschismus in seiner reinen Gestalt", womit er nicht nur den historischen Faschismus meinte, sondern vor allem aktuell dessen neugeschminkte Fortsetzung in der "anonymen Gesellschaft" des Westens. (3) Calasso pflichtet ihm darin bei: "Die Welt von heute stammt, ohne es zu wissen, in höherem Masse von Stirner ab als von Marx, Freud und Nietzsche." (4)

Während Calasso, Helms et al. in Stirner den weithin unerkannt gebliebenen ideologischen Urvater, die heimliche Symbolgestalt des europäischen Kulturverfalls und geistigen Elends der Gegenwart und also darin seine sozusagen negative Aktualität sehen, weisen Andere ihm eine positive Aktualität zu, indem sie ihn auf die Rolle einer Vorbildfigur festlegen, die sie dem Einzelnen anempfehlen, um sich beherzt gegen den "Staat als 'Hüter des Menschlichen'", gegen "die übermächtigen Verbände und Institutionen zur Wehr zu setzen." (5) Sowohl die Dämonisierung (als "künstlicher Barbar" oder als "Protofaschist") als auch die Banalisierung (als "Musterbasisdemokrat") sind probate Mittel, um Stirners wirkliche Aktualität weiterhin zu verdrängen -- wobei durchaus zu sehen ist, dass dieses Verdrängen als solches immerhin auf eine Ahnung der nach wie vor bestehenden potentiellen Brisanz der Ideen Stirners hinweist, die diese Autoren im Gegensatz zu den allermeisten heutigen Philosophen haben.

Diese kurze Erinnerung an die faszinierende und hochinstruktive Re(pulsions- und De)zeptionsgeschichte, als die ich die Wirkungsgeschichte von Stirners »Einzigem« dargestellt habe, (6) war hier vorauszuschicken, denn diese Geschichte sollte stets als Hintergrund präsent sein: als Antidot gegen die Versuchung, Stirners Aktualität zu postulieren, indem man ihn als radikalen Liberalen, Individualisten, Existentialisten oder gar Postmodernen hinstellt. Stirners wahre Aktualität kann nur aus seiner einzigartigen ideengeschichtlichen Bedeutung abgeleitet werden: Stirner als die philosophische Schlüsselfigur des 19. Jahrhunderts; als derjenige, der allein den "revolutionären Bruch im Denken des neunzehnten Jahrhunderts" vollbracht hat, den Karl Löwith mit seinem berühmten, so untertitelten Hauptwerk - in der Nachfolge von Marx, Nietzsche und vielen anderen - ein Jahrhundert später unauffällig ein weiteres Mal zu kitten versucht hat. (7)

*

Das Wort Sexualität kommt bei Stirner nicht vor, weil es zu seiner Zeit noch nicht gebräuchlich war. Zum Thema Sexualität, in welcher Terminologie auch immer, sind bei ihm aber überhaupt nur sporadische Bemerkungen zu finden. Auffällig ist sogleich die Widmung, die er seinem Buch »Der Einzige und sein Eigentum« voranstellte: "Meinem Liebchen Marie Dähnhardt." Mit Marie Dähnhardt war Stirner bei Erscheinen des Buches bereits ein Jahr verheiratet, und die Widmung könnte ein leicht sarkastischer Kommentar der Situation sein, in der er selbst sich - der Andeutung eines Rezensenten zufolge - damals befand: "Er heiratet ein reiches Mädchen -- und hat nun eine eifersüchtige, keifende Frau." (8) Anderthalb Jahre später trennte sich das Paar. Die Widmung ist jedenfalls eine rein persönliche Bemerkung; im ganzen Buch finden sich keine - wie es heute heisst - frauenfeindlichen Äusserungen.

Aus dem Text des »Einzigen« geben nur einige Stellen über Stirners persönliche Einstellung zum Geschlechtlichen - auch dieses Wort kommt bei ihm nicht im Sinne des Sexuellen vor - Aufschluss (im Folgenden sind die Seitenzahlen der Reclam-Ausgabe 1972ff genannt).

Ein Beispiel ist diese polemische Passage gegen die "frommen Atheisten" (Feuerbach, Bauer): "Man achte darauf, wie ein 'Sittlicher' sich benimmt, der heutigen Tages häufig mit Gott fertig zu sein meint, und das Christentum als eine Verlebtheit abwirft. Wenn man ihn fragt, ob er je daran gezweifelt habe, dass die Vermischung der Geschwister eine Blutschande sei, dass die Monogamie die Wahrheit der Ehe sei, dass die Pietät eine heilige Pflicht sei usw., so wird ein sittlicher Schauder ihn bei der Vorstellung überfallen, dass man seine Schwester auch als Weib berühren dürfe usw. Und woher dieser Schauder? Weil er an jene sittlichen Gebote glaubt.  Dieser sittliche Glaube wurzelt tief in seiner Brust. So viel er gegen die frommen Christen eifert, so sehr ist er dennoch selbst Christ geblieben, nämlich ein sittlicher  Christ. In der Form der Sittlichkeit hält ihn das Christentum gefangen, und zwar gefangen unter dem Glauben.  Die Monogamie soll etwas Heiliges sein, und wer etwa in Doppelehe lebt, der wird als Verbrecher gestraft; wer Blutschande treibt, leidet als Verbrecher.  Hiermit zeigen sich diejenigen einverstanden, die immer schreien, auf die Religion solle im Staate nicht gesehen werden." (48f)

Ein anderes Beispiel ist diese poetische, typische "Fallgeschichte":
"Wohin könnte man blicken, ohne Opfern der Selbstverleugnung zu begegnen? Da sitzt Mir gegenüber ein Mädchen, das vielleicht schon seit zehn Jahren seiner Seele blutige Opfer bringt. Über der üppigen Gestalt neigt sich ein todmüdes Haupt, und bleiche Wangen verraten die langsame Verblutung ihrer Jugend. Armes Kind, wie oft mögen die Leidenschaften an Dein Herz geschlagen und die reichen Jugendkräfte ihr Recht gefordert haben! Wenn Dein Haupt sich in die weichen Kissen wühlte, wie zuckte die erwachende Natur durch Deine Glieder, spannte das Blut Deine Adern, und gossen feurige Phantasien den Glanz der Wollust in Deine Augen. Da erschien das Gespenst der Seele und ihrer Seligkeit. Du erschrakst, Deine Hände falteten sich, Dein gequältes Auge richtete den Blick nach oben, Du - betetest. Die Stürme der Natur verstummten, Meeresstille glitt hin über den Ozean Deiner Begierden. Langsam senkten sich die matten Augenlider über das unter ihnen erloschene Leben, aus den strotzenden Gliedern schlich unvermerkt die Spannung, in dem Herzen versiegten die lärmenden Wogen, die gefalteten Hände selbst lasteten entkräftet auf dem widerstandlosen Busen, ein leises, letztes Ach stöhnte noch nach, und - die Seele war ruhig.  Du entschliefst, um am Morgen zu neuem Kampfe zu erwachen und zu neuem - Gebete. Jetzt kühlt die Gewohnheit der Entsagung die Hitze Deines Verlangens, und die Rosen Deiner Jugend erblassen in der - Bleichsucht Deiner Seligkeit. Die Seele ist gerettet, der Leib mag verderben! O Laïs, o Ninon, wie tatet Ihr wohl, diese bleiche Tugend zu verschmähen. Eine freie Grisette gegen tausend in der Tugend grau gewordene Jungfern!" (66f)

*

Angesichts dieser beiden Passagen, die ausreichen, um Stirners Einstellung zum Sexuellen zu charakterisieren, erübrigt es sich, auf diesbezügliche Attacken seiner Zeitgenossen näher einzugehen, etwa auf Feuerbachs hilflose Rede von Stirners angeblich "folglich" "geschlechtslosem Ich", auf die Stirner antwortete, (9) oder auf Marx' Herrenwitzelei vom vermissten "mechanischen Stoss" des "Geschlechtsakts", auf die Stirner wohl kaum eingegangen wäre -- wenn Marx es denn gewagt hätte, ihn öffentlich zu kritisieren. (10)

Später, nach der Wiederentdeckung des »:Einzigen« in den 1890er Jahren, waren es Vertreter gesellschaftlich geächteter sexueller Minderheiten, die in Stirner einen Anwalt ihrer Sache - ihrer "Eigenheit", wie sie Stirners Begriff interpretierten - erblickt haben. Einer von ihnen war Adolf Brand, der die erste Homosexuellen-Zeitschrift der Welt gründete und ihr den Stirner-inspirierten Titel »Der Eigene« gab; er wandte sich jedoch bald wieder von Stirner ab. Ein anderer war John Henry Mackay, der seine "griechische Liebe" zu halbwüchsigen Knaben nur im Geheimen leben konnte; er wurde zu dem bekanntesten Propagandisten Stirners, verkannte ihn jedoch als Ultraliberalen und ist dafür verantwortlich, dass Stirner unter der Bezeichnung "individualistischer Anarchist" katalogisiert wurde. Die - von den Kindern abgesehen - grösste sexuell unterdrückte Gruppe waren die Frauen; einige von ihnen forcierten damals zwar ihre Emanzipation, griffen aber dabei nicht auf Stirner zurück: »Die Einzige und ihr Eigenkleid« (11) war nicht einmal eine Parodie auf ihn.

Die empirische Sexualforschung, die ebenfalls Ende des 19. Jahrhunderts entstand, sah verständlicherweise keinen Anlass, von Stirner Notiz zu nehmen. Nicht ohne weiteres verständlich ist jedoch, dass Sigmund Freud (in dessen Psychoanalyse Sexualität anfänglich an zentraler Stelle stand) Stirner ignorierte, und nicht nur er, sondern - mit zwei Ausnahmen - praktisch alle Psychologen bis zum heutigen Tage. Denn Stirner war, wie einige Autoren (12) und mit Nachdruck ich (13) festgestellt haben, ein eminent psychologischer Denker.

Die Frage ist freilich, ob nach einem Jahrhundert, das nicht nur in der Sexualforschung, der Psychoanalyse, der Psychologie allgemein, sondern überhaupt in allen Human-Wissenschaften eine unübersehbare Fülle von Ergebnissen hervorgebracht hat; das auch das praktische Leben der Menschen durch vielerlei "Revolutionen", zuletzt durch eine sexuelle, in hohem Masse verändert hat; ob da allen Ernstes erwartet werden kann, dass ein Buch aus dem Jahre 1844, Stirners »Einziger«, in irgendeiner Hinsicht Aktualität hat.

Ich bejahe diese Frage, die ja ebenso auf dem Gebiet der Philosophie zu stellen ist. Natürlich hat Stirner sich mit den unendlich vielfältigen Problemen, die seither auf den genannten Gebieten erforscht wurden, nicht befasst, gar nicht befasst haben können - ebensowenig wie übrigens mit solchen der Philosophie. Stirner nahm vielmehr eine Position ein, die er in seiner Replik auf Hess, der ihm mangelnde Kenntnis der sozialistischen Bewegung vorgeworfen hatte, zu charakterisieren versuchte, indem er Hess bereitwillig konzedierte, dass dieser "vom Sozialismus vielleicht tausend Dinge mehr weiss als Stirner", gleichwohl ihm entgegen hielt, dass er, Stirner, "den Sozialismus besser durchschaut hat." (14) Stirner behauptet entsprechend auch gegenüber Hegel, Feuerbach, Bauer und im Grunde allen früheren Philosophen nicht mehr und nicht weniger, als dass er sie bzw. ihre Anliegen, die sie meist in Form monumentaler theoretischer Konstrukte vorgetragen haben, "durchschaut" habe.

Was es mit diesem "Durchschauen" auf sich hat, ist noch lange nicht in voller Klarheit erkannt. Ich verweise deshalb auf die eingangs angesprochenen, so bemerkenswerten wie weithin unbemerkten Reaktionen auf Stirner und auf meine Annäherungen an das Problem in den »Stirner-Studien« und weiteren Artikeln, in denen ich die von mir so genannte Re(pulsions- und De)zeptionsgeschichte des »Einzigen« herausarbeite, sowie generell auf mein »LSR-Projekt« (http://www.lsr-projekt.de).

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Ich möchte in dieser Skizze fortfahren, indem ich kurz auf die beiden oben erwähnten Ausnahmen unter den Psychoanalytikern eingehe, die Stirner allem Anschein nach hochschätzten und die Erkenntnisse Freuds bzw. der Psychoanalyse im Sinne Stirners zu verwerten suchten: Otto Gross (1877-1920) und Wilhelm Reich (1897-1957).

Otto Gross kam als junger Psychiater ungefähr im Jahre 1905 durch einen Freund, den Bohème-Anarchisten Erich Mühsam (1878-1934), mit den Ideen Stirners ins Berührung. Doch wird Mühsam ihn bereits vor Stirner gewarnt haben, denn er selbst hatte, wie er schrieb, sich gerade mit Hilfe seines Mentors Gustav Landauer (1870-1919) vor den Versuchungen des »Einzigen« gerettet. (15) Jedenfalls hat Gross in seinen einschlägigen Schriften, in denen er Stirner'sche Ideen mit psychoanalytischen zu verbinden trachtete, Stirner nicht erwähnt. (16) Gross' Schicksal ist ausserordentlich kompliziert und kann hier nicht referiert werden; es ist vor allem zur Erklärung des schliesslichen Scheiterns seiner Bemühungen heranzuziehen. (17)

Gross schrieb, unter schwierigsten persönlichen Umständen, eine Reihe von Artikeln, in denen es ihm um das Problem der "Befreiung der vom eigenen Unbewussten gebundenen Individualität" ging. Und da es nicht praktikabel ist, jedem Einzelnen psychoanalytisch zu einer solchen Befreiung zu verhelfen, lenkte Gross sein Augenmerk auf die Prophylaxe. Was verhindert werden müsse, sei dies: Erziehung als "Suggestion von fremdem Willen", der "in das eigene Wollen aufgenommen wird." Denn "so bestehen die meisten geradezu allein aus fremdem Willen, den sie aufgenommen, aus fremder Art, der sie sich angepasst, aus fremdem Sein, das ihnen völlig als die eigene Persönlichkeit erscheint." (18) Natürlich spielt in Gross' Theorie, wie in Freuds, die Unterdrückung der sexuellen Triebkraft eine grosse Rolle, insbesondere als Wirkungsmechanismus, der die generelle (Selbst-)Unterdrückung befördert, erhält und kaum mehr reversibel macht. Ersichtlich zielt Gross' Kritik auf die "unappellierbaren Prinzipien" (Ferenczi), die die bisherige, weitgehend unbewusst stattfindende Enkulturation in jedem Einzelnen erzeugt; auf das "Jenseits in Uns" (Stirner); auf die psychische Instanz, die Freud später, in seinem letzten Modell (1923), als Über-Ich bezeichnen wird.

Wenngleich Gross' Theoriebildung, aus Gründen seines persönlichen Schicksals, rudimentär blieb, witterte doch Freud als Begründer und Haupt der jungen Psychoanalyse sehr früh die "Gefahr", die im Gross'schen Denken latent war, die höchste Gefahr, die es für ihn gab: Zersetzung der "Kultur". Darin war er sich nicht nur mit Carl Gustav Jung einig, der sich damals noch als sein Schüler sah und im "Fall Gross" eine wichtige Rolle spielte, sondern mit allen, die sich als Theoretiker irgendwann einmal von Gross affiziert gefühlt haben: ob Max Weber oder Carl Schmitt, ob Gustav Landauer oder letztlich wohl auch Erich Mühsam. Dieses stille Einverständnis aller "Kulturträger" ermöglichte es Freud denn auch, Gross vollständig zu isolieren und zugrunde gehen zu lassen. (19)

Wilhelm Reich kam knapp zwei Jahrzehnte später als Gross zur Psychoanalyse. Als junger Psychoanalytiker schrieb er in sein Tagebuch, dass er ganz "auf dem Stirner'schen Standpunkt" stehe: "Max Stirner, der Gott, der 1844 sah, was wir 1921 nicht sehen!" (20) In seinen Publikationen jedoch bezog sich Reich nicht auf Stirner. Er konzentrierte sich - zunächst - ganz auf die klinische Arbeit und Theoriebildung. Doch indem er darauf insistierte, dass das Kriterium der Heilung des "Neurotikers" nicht, wie unkritisch angenommen wurde, blosse Symptombeseitigung oder die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit bzw. die Justierung seiner Anpassung an die bestehende Gesellschaft sein könne, entfremdete er sich von Freud, bis dieser schliesslich ihn, seinen anfangs hochgeschätzten Schüler, auf intriganteste Art und Weise gleichsam liquidieren liess: Wilhelm Reich, der einzige "Stirnerianer" der Psychoanalyse, wurde, trotz energischer Gegenwehr, diskussionslos zu deren Unperson. (21)

Dass Reich, der allenthalben als Psychoanalytiker, Kommunist, Freudo-Marxist, Idol der "68er", Sex-Prophet und "Orgon"-Forscher bekannt ist, in Wahrheit, d.h. ausweislich des Kerngehalts seiner vielgestaltigen Theorien, der einzige konstruktive Fortentwickler des Stirner'schen Konzepts - vom "Eigner" - war, kann in dieser Skizze nur behauptet werden. (22) Bei Reich, der die von Gross nur angesprochene Malignität des frühkindlich introjizierten irrationalen Über-Ichs in eine umfassende Krankheitslehre (psychische und physische Charakterpanzerung, Biopathien) fasste, steht die Sexualität an zentraler Stelle. Seine Schlüsselbegriffe sind "orgastische Potenz" und "genitaler Charakter".

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Ich habe hier, propädeutisch zu meinem folgenden - kurzen, elementaren - Gedanken vom sexuellen "Verein" im Stirner'schen Sinn, insbesondere auf Reich hingewiesen, weil in letzter Zeit einige Versuche gemacht wurden - ich nenne als Autoren Essbach, Bauer und Mümken (23) -, Stirner und seine ja nicht sehr ergiebigen Äusserungen zum Thema Sexualität sozusagen an Reich vorbei auszulegen und seine Aktualität aus der angeblichen Affinität seiner Ideen zu denen einiger sog. postmoderner Autoren abzuleiten, vornehmlich zu den Ideen Michel Foucaults (»Sexualität und Wahrheit«). Angesichts einer "sexuellen Revolution", die völlig anders stattfand, als Reich sie in seinem so betitelten Buch (24) antizipieren zu können gehofft hatte (Untertitel: »Zur charakterlichen Selbststeuerung des Menschen«), und angesichts der in und nach ihr sich - in Theorie und Praxis - ergiessenden Flut der sog. Neosexualitäten gilt Reich heute weithin als hoffnungslos antiquiert. (25) Aber -- wäre Stirner dies nicht erst recht? Galt nicht Stirner schon vor hundert Jahren, als man allenthalben über ihn zu reden begann, als - durch Nietzsche; durch Marx - gründlich antiquiert? Ja, war dies nicht sogar die Vorbedingung dafür, dass man überhaupt über ihn reden konnte? Auch insofern also passt Reich zu Stirner besser als irgendein populärer Postmoderner.

Postmoderne Texte, gender studies  etc. sind mir seit je eine sehr unerquickliche Lektüre gewesen, und selbst, wenn in ihnen ausnahmsweise Stirner thematisiert wird, kann ich wenig damit anfangen. Sie erzeugen bei mir nur einen summarischen Eindruck. Bei Essbach, der ursprünglich den "etablierten wissenschaftlichen und politischen Auffassungen [nicht vertraute]" und tatsächlich ein gutes Stück "Forschung gegen den Strom" (Vorwort, 1982) geleistet hat, scheint es mir so, dass speziell Foucault ihm ermöglichte, die dadurch provozierten "vielfältigen Gefahren abzuwenden" (ebd.) und wieder mit dem Strom zu schwimmen. Bei Bauer, der die Abkehr vom sexuellen "Dimorphismus" (Mann/Frau) und mit Vilem Flusser den "Entwurf" einer unbegrenzten Anzahl von Geschlechtern (und damit deren Annihilation) als Emanzipation empfiehlt, ist für mich nicht nachvollziehbar, dass und warum er ausgerechnet bei Stirner "sachliche Affinität" für sein Anliegen sucht. Und Mümken, der sich zu einer "poststrukturalistischen Lesart" Stirners bekennt, scheint - an Judith Butler orientiert (?) - in dieselbe Richtung zu zielen wie Bauer, denn er resümiert: Die "Dekonstruktion des Geschlechts" sei notwendig für die "Entstehung einer anarch(ist)ischen Individualität".

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Schon Stirner hatte, wie er beklagt, "mit einer Sprache zu kämpfen, die von Philosophen verderbt, von Staats-, Religions- und anderen Gläubigen gemissbraucht und einer grenzenlosen Begriffsverwirrung fähig gemacht worden war", und er hat nicht zuletzt deshalb sein Buch "als teilweise unbeholfenen Ausdruck dessen, was er wollte", bezeichnet. (26) Heute ist die Lage um ein Vielfaches ungünstiger: Nicht nur die postmodernen Texte und Theoreme haben weitere Verwirrung gebracht; auch eine Massenideologie, die z.B. Josef Kirschners Buch »Die Kunst, ein Egoist zu sein« zum Kassenschlager macht, erschwert die Erfassung dessen, was Stirner mit einem seiner Schlüsselbegriffe, dem "Egoismus", sagen wollte. Stirner kennt eine Reihe von Egoismen: unfreiwilligen, düpierten, betrogenen etc., natürlich auch vulgären und trivialen. Von Interesse ist hier vor allem der noch immer kaum verstandene Egoismus des "Eigners" (den Stirner bisweilen auch als den - genuinen - "Egoisten" bezeichnet).

Ich habe den Stirner'schen Eigner andernorts in einem speziellen Kapitel zu umschreiben versucht und kann an dieser Stelle nur ein Zitat daraus bringen: "Der Eigner als Idealtypus ist ... vor allem Eigner seiner selbst, seiner Gedanken ebenso wie seiner Triebe, aber auch Eigner der 'Welt' (der Natur, der Menschen, der Dinge, des Staats etc.), und zwar insofern, als er ihr nicht 'ehrfürchtig' gegenübersteht. Der Eigner ('sein Ich') lebt, denkt und handelt nicht unter der irrationalen Leitung, unter dem unbewussten Zwang eines fremderzeugten Über-Ichs..." Zur näheren Erläuterung verweise ich auf jenes Kapitel. (27)

Dem Zusammenleben solcher Eigner (bzw. genuiner Egoisten) im "Verein" hat Stirner ein längeres Kapitel des »Einzigen« gewidmet: »Mein Verkehr«. Trotzdem sah er sich veranlasst, auf die Frage, wie denn so ein "Verein" - wenigstens auf dem Papier - funktioniere, später, in seiner ausführlichen Replik »Recensenten Stirners«, noch einmal einzugehen. (28) Hier wirkt Stirner eher unsicher und bricht schnell ab, ohne wirklich Klarheit geschaffen zu haben. Nicht auf dem Papier, entgegnet er forsch, sondern im Leben gäbe es bereits überall solche Vereine, zeitweilige und dauerhafte: spielende Kinder etwa, oder Freunde, die zusammen beim Wein sitzen. Diese Beispiele scheint er selbst jedoch nicht für überzeugend zu halten; denn er gibt zu, sie seien "trivial", behauptet aber dann nur assertorisch, was der Leser seiner, Stirners, Einschätzung zufolge ihnen nicht ansehen können wird: dass es "inhaltsschwere" Gegenbeispiele seien zu den "heiligen" Gesellschaften der "heiligen" Sozialisten.

Zu Beginn des Kapitels »Mein Verkehr« hatte Stirner festgestellt, "dass eine Gesellschaft nicht neu werden kann, solange diejenigen, welche sie ausmachen und konstituieren, die alten bleiben." M.a.W.: Nur Eigner, also Egoisten, deren Verhalten nicht von einem ihnen frühkindlich unbewusst implantierten irrationalen Über-Ich kontrolliert und gesteuert wird, (29) können einen Verein im spezifisch Stirner'schen Sinne bilden. In der zitierten Replik sagt er aber, auch "Besessene", d.s. Nicht-Eigner, deren Verhalten von einem irrationalen Über-Ich kontrolliert und gesteuert wird, können in bestimmten - "trivialen" - Situationen, in denen ihr Über-Ich kaum eine Rolle spielt, einen Verein bilden. Aber sind sie dann temporär Eigner, frei von ihrer Besessenheit? Doch sicher nicht, denn ein zwangloser Schwatz mit dem Nachbarn kann schliesslich nicht als das gelten, was Stirner Empörung nennt: die eigene Erhebung zum Eigner durch Befreiung von Besessenheit. Leider hat Stirner seine Erläuterungen zum Verein nicht mit einem Beispiel versehen, das nicht auf dessen Alltäglichkeit abhebt, sondern auf dessen Spezifität und utopische Qualität.

Dabei stand Stirner am Ende seiner Replik kurz davor, die unlösbare Zusammengehörigkeit seiner Begriffe Eigner und Verein an einem Paradebeispiel zu erläutern. Er spricht dort nämlich von zwei Liebenden, an denen man sehen könne, "wie ihrer zwei sich egoistisch vereinen, um aneinander Genuss zu haben." Wäre Stirner hier auf die Phänomenologie der sexuellen Exzitation näher eingegangen, so hätte er in dieser Konstellation in elementarer und reiner Form den Fall gefunden, dass "altruistisches" Handeln von "egoistischem" nicht zu trennen ist. Wer für seinen Partner etwas tut, das ihm Lust bereitet, seine Lust steigert, erfährt dadurch unmittelbar eigene Lust bzw. Luststeigerung: mutueller Egoismus, aber nicht im Sinne moderner Spieltheorie. Der im Sinne Stirners so zu nennende sexuelle Verein kann somit als Muster und Prototyp des Stirner'schen Vereins an sich gelten.

Stirner selbst hat einige Beispiele gegeben, um altruistisch erscheinende Handlungen des Eigners als egoistisch sozusagen zu legitimieren. So z.B. im »Einzigen«: "Sehe ich den Geliebten leiden, so leide ich mit. ... sehe ich ihn froh, so werde auch ich über seine Freude froh ... ihn schmerzt sein Zahn, Mich aber schmerzt sein Schmerz." (30) Und in der Replik auf seine Kritiker: "Nicht gegen die Liebe, sondern gegen die heilige Liebe" (31) sei er; was heissen soll: wenn der Eigner - also jemand, dem nichts heilig ist - liebt, so ist das per definitionem eine egoistische Liebe und - im Grunde die einzig echte und nicht durch Über-Ich-Zwänge kontaminierte Liebe. Man merkt: dies ist auch sprachlich ein äusserst schwieriges Terrain, und Stirner sagte gewiss auch deshalb, seine Schriften seien erst ein "sehr unbeholfener Anfang." (32) Für die Meisten ging aber dieser Anfang schon zu weit; und die grössten denkerischen und literarischen Anstregungen seither dienten nicht der Weiterentwicklung des Stirner'schen Anfangs, sondern seiner Annihilation.

Ob meine These vom sexuellen Verein als Prototyp des Stirner'schen Vereins der Klärung und Weiterentwicklung der Idee Stirners dienen kann - freilich nicht um Stirners willen, sondern zur Selbstbehauptung gegen das herrschende diffuse Ideologienkonglomerat unserer sich postideologisch dünkenden Zeit - ist noch zu erweisen. Dem nächstliegenden Einwand, der hier zum Prototyp erhobene sexuelle Verein sei, ebenso wie der erwähnte Schwatz beim Wein, doch kein Privileg des Eigners, sondern die alltäglichste Sache der Welt, kann ich in dieser knappen Skizze nicht mehr begegnen, denn dazu müsste ich ausführlich auf Wilhelm Reich zugreifen. Nur ein Satz mag die Richtung der weiteren Argumentation, in der Stirner und Reich als Schlüsselfiguren fungieren, (33) andeuten: So, wie der Stirner'sche Eigner/Egoist nicht "frei" ist, das Dasein eines "Besessenen" zu wählen, so ist der Reich'sche "genitale Charakter" nicht in der Lage, z.B. die in und nach der (missratenen) "sexuellen Revolution" entstandenen "Neosexualitäten" (Sigusch, s. Anm. 25) zu leben.


Anmerkungen:

(1) Bernd A. Laska: Ein dauerhafter Dissident. 150 Jahre Stirner »Einziger«. Eine kurze Wirkungsgeschichte. Nürnberg: LSR-Verlag 1996;
ders.: Dissident geblieben. Wie Marx und Nietzsche ihren Kollegen Max Stirner verdrängten und warum er sie geistig überlebt hat. In: DIE ZEIT, Nr. 5, 27. Januar 2000, Seite 49;
sowie ders.: div. Artikel im Internet: http://www.lsr-projekt.de/ms.html

(2) Roberto Calasso: Der Untergang von Kasch. Frankfurt/M: Suhrkamp 1997 (it. orig. 1983), S.314

(3) Calasso, a.a.O., S.318
Hans G. Helms: Die Ideologie der anonymen Gesellschaft. Köln: Schauberg Dumont 1966, S. 500

(4) Calasso, ebd.

(5) Alfred Schaefer: Der Staat und das Reservat der Eigenheit. Berlin(West): Berlin-Verlag Arno Spitz 1989, S.193, Klappentext (ich habe Schaefer zitiert, weil ihm zumindest Kennerschaft nicht abzusprechen ist)

(6) siehe Anm.1

(7) Karl Löwith: Von Hegel zu Nietzsche. Der revolutionäre Bruch im Denken des neunzehnten Jahrhunderts. Zürich/New York: Europa-Verlag 1941; zahlreiche weitere Auflagen; Übersetzungen ins Italienische, Japanische, Englische, Französische.
Löwith hat dieses Buch, sein Hauptwerk, seinem Lehrer Edmund Husserl gewidmet, der seine engeren Schüler eindringlich vor der "versucherischen Kraft" Stirners gewarnt hat, selbst aber nie ein Wort zu Stirner publizierte. (vgl. Laska: Ein dauerhafter Dissident, a.a.O., S. 77f, 141f)

(8) Szeliga [Franz Szeliga Zychlin von Zychlinski]: Der Einzige und sein Eigenthum. In: Norddeutsche Blätter, Band 2, Heft 9, März 1845, S. 1-14; zit. n. Stirner, Max: Parerga, Kritiken, Repliken. Hg. Bernd A. Laska. Nürnberg: LSR-Verlag 1985, S. 156

(9) Feuerbach, Ludwig: Über das "Wesen des Christenthums" in Beziehung auf den "Einzigen und sein Eigenthum". In: Wigand's Vierteljahrsschrift, 2. Band, [Juli]1845, S.193-205; und in ders.: Gesammelte Werke, Hg. Werner Schuffenhauer, Band 9. Berlin: Akademie-Verlag 1970, S.427-441
St[irner], M[ax]: Recensenten Stirners. In: Wigand's Vierteljahrsschrift, 3. Band, [Sept.]1845, S.147-194; und in ders.: Parerga..., a.a.O., S.147-205

(10) Marx, Karl; Engels, Friedrich: Die Deutsche Ideologie (1846, erstmals postum veröffentlicht: in Ausz. 1903, vollst. 1932).
In dies.: Marx-Engels-Werke, Band 3, Berlin-Ost 1958ff, S.172

(11) Sir Galahad [d.i. Bertha Eckstein-Diner]: Die Einzige und ihr Eigenkleid. In: März. Monatsschrift für deutsche Kultur, 2.Jg., 4.Band, Dez.1908, S.353-360

(12) Carroll, John: Break-Out from the Crystal Palace. The Anarcho-Psychological Critique: Stirner, Nietzsche, Dostoevsky. London: Routledge and Kegan Paul 1974;
Wolfgang Essbach (1978): Gegenzüge. Der Materialismus des Selbst und seine Ausgrenzung aus dem Marxismus. Frankfurt/M: Materialis 1982

(13) Bernd A. Laska: Die Negation des irrationalen Über-Ichs bei Max Stirner. Erstveröffentlichung unter dem Titel »Max Stirner als 'pädagogischer' 'Anarchist'« in: Anarchismus und Pädagogik. Studien zu einer vergessenen Tradition, hg. v. Ulrich Klemm. Frankfurt/M: dipa-Verlag 1991, S. 33-44 .

(14) Stirner: Parerga..., a.a.O., S. 201

(15) vgl. Laska: Dissident, a.a.O., S. 58

(16) Dass Gross Stirner kannte, ist indes belegbar; er nennt ihn zweimal, allerdings als "Kaspar Schmidt" und bemerkenswerterweise von intellektuellen Fehlleistungen begleitet: in einem Artikel »Über Destruktionssymbolik« (Zentralblatt für Psychoanalyse und Psychotherapie, 4 (1914), S.525-534 (533) als Propagator des Mutterrechts; und in einem autobiographischen Bericht aus dem Jahre 1913 (abgedruckt in: Gegner (Berlin), Heft 3, Dez.1999-Feb.2000, S. 24f) als Nationalökonom.

(17) vgl. die noch immer massgebliche Monographie von Emanuel Hurwitz: Otto Gross -- Paradies-Sucher zwischen Freud und Jung. Zürich/Frankfurt/M: Suhrkamp 1979; vgl. a. die Aktivitäten der Otto-Gross-Gesellschaft: http://www.ottogross.org

(18) Die hier relevanten Artikel erschienen in den Jahren 1913-1920; später gesammelt in: Otto Gross: Von geschlechtlicher Not zur sozialen Katastrophe. Frankfurt/M: Robinson-Verlag 1980. Zitierte Stellen auf den S.13 und 27. (Nachdruck bei Nautilus, Hamburg 2000)

(19) vgl. Bernd A. Laska: Otto Gross zwischen Max Stirner und Wilhelm Reich. Beitrag zum 3. Otto-Gross-Kongress, München 15.-17. März 2002; Veröff. i. Vorb.

(20) Wilhelm Reich: Leidenschaft der Jugend. Eine Autobiographie 1897-1922. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1994 (engl. Übers. 1988), S. 139, 191

(21) Die Analyse der "Verdrängung" Reichs würde ein Buch füllen. Tatsächlich erschien, nach jahrzehntelangem Schweigen, ein Buch von kritischen Freudianern: Karl Fallend / Bernd Nitzschke (Hg.): Der "Fall" Wilhelm Reich. Frankfurt/M: Suhrkamp 1997 (stw 1285). Es versammelt verdienstvollerweise eine Fülle von verstreut publiziertem oder lange Zeit unzugänglichem Archivmaterial über den Vorgang, würdigt jedoch nicht die fundamentale, "anthropologische" Gegnerschaft zwischen Freud und Reich.

(22) vgl. hierzu meinen in (13) genannten Artikel und den dazu parallelen:
Bernd A. Laska: Die Negation des irrationalen Über-Ichs bei Wilhelm Reich. Allgemein zu Reich: Bernd A. Laska (1981): Wilhelm Reich. Reinbek: Rowohlt. 5. Aufl. 1999 (Auszug: http://www.lsr-projekt.de/wrfreud.html)

(23) Wolfgang Essbach: Sexualität und Gesellschaftstheorie. In ders.: Gegenzüge, a.a.O., S.322-336. -
Die Debatte Bauer/Herzer:
J[ochanan] Edgar Bauer: Der Tod Adams. Geschichtsphilosophische Thesen zur Sexualemanzipation im Werk Magnus Hirschfelds. In: Hundert Jahre Schwulenbewegung. Hg.v. Manfred Herzer. Berlin: Verlag Rosa Winkel 1998, S.15-45;
Manfred Herzer: Hirschfelds Utopie, Hirschfelds Religion und das dritte Geschlecht der Romantik (darin: »Der Einzige und sein Geschlecht«). In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Nr. 28, Dezember 1998;
J[ochanan] Edgar Bauer: Über Hirschfelds Anspruch. In: Mitteilungen der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Nr. 29/30, Juli 1999, S. 66-80. -
Jürgen Mümken: Der »Einzige« und die Sexualität des "geschlechtslosen Ichs". In: Der Einzige. Vierteljahresschrift des Max-Stirner-Archivs Leipzig, Nr. 2 (18), 3. Mai 2002, S. 3-15

(24) Wilhelm Reich: The Sexual Revolution. New York 1945 (dt. Orig. »Die Sexualität im Kulturkampf«, 1936; »Die Sexuelle Revolution«, 1966)

(25) Der Terminus "Neosexualitäten" (nur im Plural!) stammt von Volkmar Sigusch.
Vgl. dazu Bernd A. Laska: Wilhelm Reich als Sexuologe. In: Sexuologie 4 (3) 1996, S.232-241.

(26) Stirner: Parerga..., a.a.O., S. 220

(27) Bernd A. Laska: Der "Eigner". In ders.: "Katechon" und "Anarch". Carl Schmitts und Ernst Jüngers Reaktionen auf Max Stirner. Nürnberg: LSR-Verlag 1997, S. 40-49 (45).

(28) Stirner: Parerga..., a.a.O., S. 204

(29) vgl. Laska: Die Negation..., a.a.O. (Anm. 13)

(30) Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum (1845). Stuttgart: Reclam 1972ff, S. 325

(31) Stirner: Parerga...,a.a.O., S. 182

(32) ebd., S. 170

(33) Über die Gründe, aus denen ich ausgerechnet diese beiden Autoren heranziehe (und später zur Ergänzung einen dritten: La Mettrie), informiere ich am übersichtlichsten auf meinen Netzseiten zum LSR-Projekt, wo meine verstreuten Artikel versammelt und meine Bücher beschrieben sind. Dort nenne ich auch die wichtigsten "Gutachter", die ich - als Laie in den einschlägigen Disziplinen - zur Urteilsbildung heranziehe: Marx und Nietzsche über Stirner; Freud über Reich; spätere Autoren nur nachrangig.

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